23.09.2022, 15:25 Uhr

Der Fall ist knifflig: Betrüger verkaufen ein Auto weiter, das ihnen gar nicht gehört, der Erstbesitzer will das Auto vom Käufer zurück – der viel Geld dafür bezahlt hat. Und nun? Wer von Betrügern beim Gebrauchtwagenkauf erwischt wird und ahnungslos das Auto eines anderen kauft, hat gute Chancen, das Auto trotzdem behalten zu dürfen. Meldet sich der ebenfalls betrogene Erstbesitzer und will sein Auto zurück, stehen ihm deutlich höhere Hürden bevor. Er muss nachweisen können, dass der neue Eigentümer beim Kauf nicht „gutgläubig“ war, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) heute. Dies gilt auch, wenn streitig ist, ob es sich um einen gefälschten Fahrzeugschein handelt. „Treu und Glauben“ ist ein Begriff aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Für die schwierige Situation gibt es in der Tat einen eigenen Absatz (Absatz 932). Danach wird „der Erwerber Eigentümer, auch wenn die Sache dem Verkäufer nicht gehört“ – unter einer Bedingung: Er ist „gutgläubig“. Dies wiederum gilt nicht, „wenn ihm bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt ist, dass die Sache dem Verkäufer nicht gehört“. Das heißt im Klartext: Ganz naiv sollte man das Auto nicht anfahren lassen.

Der gutgläubige Kauf ist bei Diebstahl ausgeschlossen

Nach bisherigen BGH-Urteilen sollte es beispielsweise beim Kauf eines Gebrauchtwagens selbstverständlich sein, dass Ihnen der Fahrzeugschein vorgelegt wird. Wenn Sie nicht einmal darauf achten, wundern Sie sich nicht, wenn Sie auf Betrüger hereinfallen. Und es gibt noch eine Einschränkung: „Gutgläubiger Erwerb“ ist ausgeschlossen, „wenn der Gegenstand dem Eigentümer gestohlen, verloren oder anderweitig verwechselt wurde“. Aber das war hier nicht der Fall. Das Autohaus, gegen dessen Geschäftsführer später in mehr als 100 Fällen wegen Betrugs ermittelt wurde, hatte den Mercedes regelmäßig geleast, also auf Zeit gemietet. Nur die Leasinggesellschaft von Mercedes-Benz nahm den Wagen nicht zurück: Das Autohaus verkaufte ihn für 30.800 Euro an einen ahnungslosen Autohändler aus Italien. Die große Frage für die führenden Zivilrichter in Karlsruhe: Wer ist der rechtmäßige Eigentümer? Das Landgericht Stuttgart hatte Mercedes zur Leasinggesellschaft verurteilt. Das Oberlandesgericht (OLG) sagte hingegen: Das Auto gehört dem Käufer. So sieht es nun der BGH, wie die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner bei der Urteilsverkündung erläuterte.

Übliche Praxis im internationalen Autohandel

Knackpunkt ist hier eigentlich der Fahrzeugschein oder – wie es heute offiziell heißt – Zulassung Teil II. Der Mann, der das Auto für den italienischen Händler abgeholt hat, sagt, er habe eine Zulassung bekommen, die echt aussah. Die Leasinggesellschaft von Mercedes-Benz, der der Prototyp gehört, bestreitet dies. Also Aussage widerspricht Aussage. In dieser Situation ist die Leasinggesellschaft im Nachteil. Brückner sagte, bei der Schaffung des BGB sei bewusst vereinbart worden, dass die Beweislast derjenige tragen solle, der Treu und Glauben leugne. Beim Autokauf reicht es also aus, wenn der Käufer angibt, dass ihm die Bescheinigung vorgelegt und er sie geprüft hat. „Dann muss der Vorbesitzer beweisen, dass diese Angaben falsch sind“, heißt es in dem Urteil. In diesem Fall hatte das Autohaus den Fahrzeugschein nur gezeigt, aber nicht an den Vermittler übergeben. Die Frage war also, ob das dem Käufer nicht fremd vorkommen sollte. Das Oberste Bezirksgericht stellte jedoch fest, dass dies eine gängige Praxis im internationalen Automobilhandel sei. Die Unterlagen werden zurückgehalten, bis die sogenannte Gelangensbestätigung vorliegt, die der Verkäufer für steuerliche Zwecke benötigt.