Stefan Locke
       Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.       

„Was sich abzeichnet, ist eine Situation wie 2015/16“, sagte Franz Zobel von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt in Thüringen. Er beobachtet einen „shutdown“ rechter Akteure, um die multiplen Krisen für den von ihnen propagierten Umsturz zu nutzen. Die AfD übernimmt zunehmend die Führung, während Polizei und Justiz bei ihrer Verfolgung oft unkonsequent bleiben. “Rechte Gewalttäter fühlen sich dadurch ermutigt.” Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kommt Robert Kusche von der RAA-Opferberatungsstelle Sachsen. Sie verweist auf viele Klagen gegen mutmaßliche Rechtsextremisten, die die sächsische Justiz nur zögerlich bearbeitet habe. Darunter auch Straftaten bei den rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz im Jahr 2018, für die Anklage erhoben, aber noch nicht abgeschlossen ist.

Die führende Rolle der AfD bei den Protesten

Auch bei den aktuellen Protesten sieht Kuse die AfD in einer führenden Rolle. Ihre Vertreter eskalierten beispielsweise sprachlich, was vor allem bei den Demonstrationen zu einer aufgeheizten Atmosphäre beitrug. Wenige Tage vor dem Attentat von Bautzen hatte die Partei vor dem Gebäude gegen geplante Asylunterkünfte demonstriert. Radikalisierte Rhetorik richte sich aber nicht nur gegen Flüchtlinge, sondern auch gegen Staatsbeamte und Journalisten, sagte Kuse. Als Beispiel nannte er Protestparolen wie „Dir Lügen ins Gesicht drücken“ oder „Ohne die Polizei wärst du nicht hier“. Auch die Sozialpsychologin Pia Lamberty sagte, Flüchtlinge seien zunehmend im Fokus von Hassreden und Gewalt. Er verwies auf die durch russische Propaganda verschärfte Bedrohung ukrainischer Kriegsflüchtlinge und ihrer Helfer. Russische Desinformationskampagnen werden gezielt mit Rechtsextremisten in Deutschland interagieren und, Stichwort „Sozialtourismus“ der Ukrainer, auch andere Politiker einbeziehen.

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Lamberty ist auch Co-Autor einer kürzlich veröffentlichten Studie über pro-russische Desinformation in der Gesellschaft. Danach stiegen die Zustimmungswerte für pro-russische Verschwörungsgeschichten deutschlandweit spürbar an. Fast jeder Fünfte der 2.228 Befragten im Oktober stimmt zu, dass der russische Angriff eine alternativlose Reaktion auf die Herausforderungen der NATO ist. 18 Prozent glauben, dass Putin gegen eine globale Elite vorgeht, die hinter den Kulissen agiert. Diese sind gegenüber April fast doppelt so hoch. Im Osten ist die Zustimmung zu diesen Aussagen doppelt so hoch wie im Westen.