Einen Tag vor den Länderberatungen über Milliardenhilfen schlägt das Kanzleramt vor, die Gaspreisbremse ab Februar anzuwenden. Auch die Strompreisbremse wird konfiguriert. Von Moritz Rödle, ARD-Hauptstadtstudio
Einen Tag vor den nächsten Beratungen von Bund und Ländern über die geplante milliardenschwere Entlastung der Energiekrise hat das Kanzleramt eine Beschlussvorlage an die Länder gesandt. Erhältlich im ARD-Hauptstadtstudio. Logo SR Moritz Rödle ARD Hauptstadtstudio Die Überraschung steht gleich am Anfang des neunseitigen Dokuments. Auf Seite 2 wird angekündigt, dass die Erdgaspreisbremse ab dem 1. März greift. Allerdings mit dem Zusatz: „Rückwirkung zum 1. Februar angestrebt.“ Das verwundert, weil das Expertengremium am Montag erneut betonte, dass eine frühere Wirkung des Bremsinstruments auf den Erdgaspreis technisch nicht möglich sei.
Nun schlägt das Kanzleramt eine Überprüfung vor und kommt damit Ländern entgegen, die deutlichere und schnellere Erleichterungen gefordert hatten. Bei den anderen Energieträgern bleibt das Kanzleramt bei seiner Position. Nutzer von Öl- oder Holzpellets sollten sich nur in Schwierigkeiten entlasten.
Die Strompreisbremse ist ab Januar geplant
Ab Januar tritt eine Strompreisbremse in Kraft. Demnach soll Haushalten und Kleingewerbe eine Grundquote von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs zu einem Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde zugeteilt werden. Die Differenz zwischen dem zu zahlenden Marktpreis und der Obergrenze soll monatlich von den Lieferanten direkt mit dem Rabatt als Entlastung ausgeglichen werden. Der historische Verbrauch sollte wahrscheinlich auf der jährlichen Verbrauchsprognose basieren.
Die Bundesregierung plant zudem eine Strompreisbremse für Industrieunternehmen. Sie sollen einen garantierten Nettopreis von 13 Cent pro Kilowattstunde für ein Grundstromkontingent von 70 Prozent des historischen Verbrauchs erhalten, das sich am Jahresverbrauch 2021 orientiert.
Ein Teil des Geldes für die Entlastungen im Stromsektor soll durch die Entnahme sogenannter Windfall Profits von den Unternehmen kassiert werden. „Zur Finanzierung der Entlastungen im Stromsektor werden Windfall Profits aus der Stromerzeugung sowie von Erdgas-, Öl- und Kohleunternehmen sowie Raffinerien befristet abgeschrieben“, heißt es in dem Entwurf.
Wer zahlt was?
Seit Wochen ringen Bund und Länder auch mit der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs und der Verlängerung des Wohngeldes oder wer die Kosten tragen soll. Auch hier wird nun eine Kompromisslinie sichtbar. Das Dokument stellt klar, dass die gemeinsame Finanzierung beim Wohngeld bleiben soll. Die Bundesländer hatten gefordert, dass der Bund sich stärker an den durch die Erhöhung verursachten Mehrkosten beteiligt.
Bei den Kosten für den öffentlichen Nahverkehr scheint das Kanzleramt allerdings den Anschluss an die Länder zu suchen. Die Zeitung nennt zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von einer Milliarde Euro, die künftig um 3 % pro Jahr steigen sollen. Ob das den Ländern reicht, ist fraglich. Dort sagt er, dass der doppelte Betrag nötig sei, um das Linienticket von 49 Euro finanzieren zu können. Es wäre also eher ein 69-Euro-Ticket. Außerdem gleicht die dreiprozentige jährliche Steigerung nicht einmal die Inflation aus.
Bürgergeld im Vermittlungsausschuss?
Im letzten Punkt des Papiers will das Kanzleramt festhalten, dass die Entscheidung die Frage der finanziellen Lastenteilung zwischen Bund und Ländern bei der Erdgaspreisbremse und dem Entlastungspaket endgültig klärt. Die Bundesregierung hat offenbar Sorge, dass im Falle einer möglichen Vermittlungskommission zwischen Bund und Ländern in der Frage der Einführung des neuen Bürgergeldes auch die Länder versuchen werden, Dinge wie Wohngeld oder Regionalisierungsfonds neu zu verhandeln. Es ist schwer vorstellbar, dass die Bundesländer einer solchen Formulierung zustimmen würden, die das Ergebnis einer Vermittlungskommission vorsehen würde.
Bremse auf den Erdgaspreis seit Februar
Jörg Poppendieck, ARD Berlin, 1. November 2022 16:11 Uhr