Wegen der Menschenrechtslage in Katar rufen linke Politiker dazu auf, sich nicht an dem Fußballspektakel zu beteiligen. Bürger hingegen finden das Turnier wichtig. Bundesrat Ueli Maurer reist Ende November an die WM nach Katar. Auf Einladung des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) wird er am 28. November am Spiel Schweiz-Brasilien teilnehmen, bestätigte sein Vertreter gegenüber der Agentur Keystone-SDA. Angesichts von Aufrufen zum Boykott der WM in dem Golfstaat ist Maurers Besuch umstritten. «Wenn ich Bundesrat wäre, würde ich nicht gehen», sagt Nationalrätin Min Lee Marty (SP/ZH). Ob er kein Fußballspiel besuchen wird, weiß er noch nicht. Das Fußballfieber hat sie noch nicht gepackt. “Ich gehe nicht gerne zu öffentlichen Vorführungen”, sagt Marti.
Kritik an der Menschenrechtslage
Nichtregierungsorganisationen werfen dem Emirat Katar vor, Menschenrechte zu missachten. Die Medien haben wiederholt berichtet, dass Arbeiter unter Sklavenbedingungen arbeiten – auch beim Bau von Fußballplätzen. Darüber hinaus werden laut Human Rights Watch die Rechte der Frauen in Katar stark eingeschränkt. Bildunterschrift: Ein Fußballspiel im Al-Janoub-Stadion in Katar. Die Schweiz spielt hier am 24. November gegen Kamerun. Keystone/AP/Kamran Jebreili Nationalrat Mike Egger (SVP/SG) hält Kritik am WM-Austragungsort für wichtig. Doch statt mit einem Boykott wegzuschauen, müsse man noch genauer hinschauen: “Wenn man Dinge kritisch hinterfragt, dann hat das automatisch Auswirkungen auf das Land.” Durch die Teilnahme könne die Schweiz ihre Werte ins Land transferieren, sagt Egger. Auch Nationalrat Erich Hess (SVP/BE) sieht die Möglichkeit des Austauschs zwischen verschiedenen Ländern und dem Emirat. “Fußball soll Menschen zusammenbringen”, sagt Hess. Aus seiner Sicht ist ein Boykott eine schlechte Idee, weil er genau das Gegenteil bewirken würde.
Center ist sichtbar, SP nicht
Nationalrätin Franziska Roth (SP/SO) hingegen hält den WM-Boykott für richtig und wichtig. Sie können eine Nachricht senden, dass die Teilnahme an „Menschenrechtsverletzungen“-Spielen in Zukunft angefochten wird. “Ich werde mir die Spiele nicht anschauen, das ist mein kleiner Protest.” Der Boykott des Fußballturniers komme als politisches Zeichen zu spät, sagt Nationalrat Martin Candinas (Mitte/GR): „Die Spiele finden statt, ob ich zuschaue oder nicht. Wenn unsere Nationalmannschaft an der WM teilnimmt, dann ist es angebracht, sich das anzuschauen.” Auch Nationalrat Bastien Girod (Grüne/ZH) will die Schweizer Fussballmannschaft im Fernsehen sehen – solange sie Fortschritte macht. Kritik an der WM findet er richtig und wichtig, aber „es geht ja schließlich um Fußball, es hat auch etwas, das uns global verbindet, und es ist eigentlich ein schönes Fest.“
Kein nennenswerter Boykott von Panini-Bildern
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Wieder am Kiosk oder an der Kasse erhältlich: die Fußballstar-Aufkleber. Aufrufe zum Boykott der Fußballweltmeisterschaft in Katar wirken sich nicht auf den Verkauf von Panini-Aufklebern aus, wie eine Umfrage bei großen Einzelhändlern zeigt. Bei der Migros laufen die Umsätze laut SRF News etwas besser als bei früheren Turnieren. Anders bei Coop: «Die Nachfrage nach Panini-Fotos ist etwas tiefer als in den Vorjahren.» Die Gründe dafür wären Italien und die Jahreszeit.
Winterturniere “verschneiten” Aufkleberverkauf
Grund dafür ist laut Coop, dass sich die italienische Fussballmannschaft mit ihren grossen Fans in der Schweiz nicht für die WM qualifiziert hat. Und da das Turnier diesen Winter stattfindet, sind Paninis Fotos weniger gefragt. Auch am Kiosk ist die Nachfrage nach den Aufklebern geringer als sonst. „Die bescheideneren Umsätze führen wir darauf zurück, dass das Turnier im Winter stattfindet“, stimmt K-Stand-Inhaberin Valora zu. Die Erwartung ist, dass das Sammelfieber erst mit dem WM-Start ausbrechen wird. Bundesrätin und Sportministerin Viola Amherd wird das Schweizer Team nur von zu Hause aus unterstützen. VBS hat die Agentur Keystone-SDA über die Absage der WM informiert. Anders als Bundesrat Maurer wird Amherd nicht nach Katar reisen. Zu den Gründen für Amherds Abwesenheit machte das VBS keine Angaben.