Luxuriöse Landvillen: Seit 150 Jahren gibt es das Cottage Quarter in den Stadtteilen Währing und Döbling.  Der Wiener Cottage Verein kümmert sich um das historische Grätzl, das schon Berühmtheiten wie Peter Alexander angezogen hat.          
     10.06.2022 06.05       
     Online ab heute, 6.05 Uhr

Im Bereich zwischen dem Türkenschanzpark und dem Währinger Park reihen sich die Gärten der großen Villen aneinander. Die rund 6.000 Einwohner des luxuriösen Areals von einem Quadratkilometer feiern in diesem Jahr das 150-jährige Jubiläum ihres Grätzl. Der Wiener Hüttenverein, der einst den Grundstein für die Region legte und noch heute besteht, gibt das Jubiläumsbuch „Die Wiener Hütte – Der Traum vom gesunden Leben“ heraus und organisiert eine Fotoausstellung im Türkenschanzpark. Der Hüttenverein hat etwa 250 Mitglieder. Früher konnten nur Mitglieder Grundstücke im Grätzl kaufen. Das hat sich geändert, aber der Ansturm auf die Mitglieder ist immer noch groß: Der Verein sehe sich letztlich als Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner, sagte Vereinspräsident Thomas Feiger in wien.ORF.at: „Unser Hauptanliegen ist die Erhaltung des Erbes des Cottage-Viertels: die einzigartige Atmosphäre und der Charme des Lebens auf dem Land. Heute werden hochspekulative Gebäude ins Visier genommen. Cottage Verein / Katharina Schiffl Noch bis Ende September ist die Fotoausstellung im Türkenschanzpark zu sehen

Von der Sozialarbeit in einer luxuriösen Gegend

Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in Wien Wohnungsnot: Im Gewerbegebiet war die Wohnungsdichte besonders hoch. Der Wiener Cottage Verein wurde 1872 gegründet, um die durch die Bevölkerungsexplosion verursachte Wohnungsnot zu lindern. Ihr Ziel: Nach dem Vorbild britischer Gartenhäuser, sogenannter Cottages, wollten sie Beamten und Offizieren ein bezahlbares Leben auf dem Land bieten. Die Dienstbarkeit der Hütte sollte regeln, welche Häuser gebaut werden könnten: nicht mehr als zwei Stockwerke und obligatorische Vorgärten sind vorgesehen. Der Wiener Hüttenverein wollte sicherstellen, dass der Bezirk seine beeindruckende Landschaft nicht verliert. Servitute ist noch heute aktiv: Von 2005 bis 2012 wurde eine erfolglose Servitute-Klage gegen ein fünfstöckiges Haus eingereicht. 2018 untersagte ein Gericht den Bau eines Außenaufzugs.

150 Jahre Ferienviertel

Am 26. März 1872 berichtete die Presse in Wien, dass der nur wenige Tage zuvor gegründete Hüttenverein für seine Mitglieder bezahlbare Häuser mit Garten baue. Mit dieser Verbindung wurde der Grundstein für eines der berühmtesten Viertel Wiens gelegt: das Hüttenviertel. Fast 150 Jahre später leben die Menschen immer noch luxuriös auf 85 Hektar. Der Bezirk gilt mittlerweile als einer der schicksten Wiens. Entweder Peter Alexander oder Arik Brauer. Viele prominente Österreicher haben dort gelebt. 150 Jahre lang besuchte „Studio 2“ das Areal. Während des Nationalsozialismus bestand der Hüttenverein für zehn Jahre nicht mehr: Er wurde in das „Wohnungsamt Ostmark“ eingegliedert. Erst 1948 nahm er seine Arbeit wieder auf. Der Zweite Weltkrieg hatte Teile des Stadtteils zerstört. Während des Wiederaufbaus wurden informelle Wohnhäuser für das Viertel gebaut. Architekt Thomas Feiger sprach von Bausünden: “Diese Kosten-Nutzen-Gebäude haben das Stadtbild teilweise zerstört.” Im Laufe der Zeit entfernte sich der Stadtteil von der ursprünglichen Planung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen: Aus dem Cottage-Viertel mit seinen vielen Villen wurde schnell ein Luxusviertel. Das zog Berühmtheiten an: Schriftsteller Arthur Schnitzler, Entertainer Peter Alexander in den Hauptrollen, „Bambi“-Autor Felix Salten, Rennfahrer Niki Lauda und Alt-Bundeskanzler Leopold Figl lebten hier.