Daniel Jositsch, die tragische Figur Der Fall des Zürcher SS-Staatenrates zeigt, dass auch Spitzenstrategen auf ihrem Weg in den Bundesrat auf Glück angewiesen sind. Reza Rafi ist stellvertretender Redakteur beim SonntagsBlick. Journalisten, die 2007 über den Swissair-Prozess berichteten, hatten einen Freund und Assistenten, der immer für ein passendes Zitat zur Verfügung stand: «Es ist nicht die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die Swissair-Tragödie historisch aufzuarbeiten», stellte er beispielsweise klar. “Jetzt kommt es auf das Urteil an”, warnte er ein weiteres Mal, und eine konkurrierende Zeitung zitierte ihn mit den Worten: “Das Urteil ist in Ordnung.” Der Name des damals 42-jährigen Strafrechtsprofessors: Daniel Jositsch. Auf die Auftrittsserie folgte eine beispiellose politische Karriere: 2007 Wahl in den SP-Nationalrat für den Kanton Zürich, 2015 der Sprung in den Ständerat. Jošić hatte verschiedene Parlamentsposten inne, wurde zu einer juristischen und politischen Autorität, zu einer prägenden Figur im Reformflügel der SP und zu einem Schwergewicht in seiner Partei. Der clevere Taktiker hat alles höheren Befehlen unterstellt. Er protestierte gegen die Grenzschutzagentur Frontex und kritisierte den SP-Dissidenten Mario Fehr, der sich in der Fraktion Unterstützung sicherte. Er publizierte in der Weltwoche und liebäugelte mit einer Recht-und-Ordnung-Politik, die sich Stimmen von rechts sicherte. Seit Simonetta Sommaruga Anfang Woche ihren Rücktritt bekannt gab, ist sie dem Ziel nah: Jositsch als Bundesrätin, am liebsten als Justizministerin – für das Land, für die Leute, für Jositsch. Gleichzeitig ist sie weiter weg denn je, weil die Parteiführung die Anordnung erlassen hat, dass nur Frauen das Ticket betreten dürfen. Die Realität ist manchmal bitter: In manchen Fällen kann selbst der geschickteste Stratege nur auf ein Wunder hoffen.