Iranische Kamikaze-Drohnen sind derzeit eine der größten Herausforderungen im Krieg gegen russische Invasoren in der Ukraine. Im Allgemeinen sind Drohnen mit Deltaflügeln ziemlich einfach abzuschießen, aber da sie in Schwärmen und in geringer Höhe angreifen, umgehen einige von ihnen die Luftabwehr, um schweren Schaden zuzufügen, insbesondere an kritischer Infrastruktur. Außerdem ist ihre Bekämpfung mit Boden-Luft-Raketen oder Kampfjets extrem teuer. Daher plant die ukrainische Regierung, deutlich günstigere Systeme einzusetzen und Drohnen künftig mit Drohnen zu bekämpfen.
Drohnen werden immer wichtiger
UAVs (Unmanned Aerial Vehicles) werden von beiden Kriegsseiten bereits in großer Zahl eingesetzt und ihre Bedeutung wächst. Der nächste technologische Schritt sei die Drohnenkriegsführung, sagte der ukrainische Minister für digitale Transformation, Mykhailo Fedorov, gegenüber Forbes Ukraine. Mykhailo Fedorov, 31, ist auch stellvertretender Ministerpräsident. (Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com) „Wer jetzt in der Lage ist, Kampfdrohnen im industriellen Maßstab zu verwalten und zu produzieren, wird gewinnen“, prognostiziert Fedorov. „Es geht um die Erwartung, staatliche oder freiwillige Finanzierung zu erhalten, sowie um Management und Fähigkeiten. In den nächsten vier bis fünf Monaten werden wir uns genau mit diesen Themen befassen.“ Kiew bestellte kürzlich 1.033 Drohnen verschiedener Hersteller für rund 54 Millionen Euro. Laut Fedorov wurden bisher 70 Prozent davon ausgeliefert. Dem Militär sind unter anderem “fliegende Augen” wichtig. Dies sind Drohnen, die verwendet werden, um Ziele zu finden und das Feuer für moderne Langstreckenartillerie zu korrigieren, beispielsweise von HIMARS-Raketenwerfern. Bis Ende des Jahres sollen 20 Systeme von Puma und Pinguin ausgeliefert werden, die auch von der NATO genutzt werden.
Der Mangel an Ersatzteilen bremst die Ukraine aus
Auch die Ukraine will vermehrt eigene Drohnen produzieren. Die Armee hat kürzlich den Hai eingeführt. Laut “Gazeta.ua” dient es auch hauptsächlich zur Unterstützung westlicher Langstreckenwaffen. Allerdings ist es für ukrainische Hersteller nicht immer einfach, die benötigten Komponenten in großen Mengen zu beschaffen. Das ist kein großes Problem, sagt Mykhailo Fedorov. Bei einigen Komponenten kann es jedoch schwierig sein, Chargen für die Produktion von mehr als 100 Drohnen pro Monat zu erhalten. Auch optisch ist die Shark-Drohne interessant. (Foto: Screenshot Unternehmensvideo) Um einen „Produktionsboom“ ukrainischer Drohnen zu erreichen, will die Regierung bürokratische Hürden abbauen und großzügige finanzielle Mittel bereitstellen. „Ich denke, der nächste ‚Flaschenhals‘ wird das Rennen um Ideen, Menschen und Produkte sein“, vermutet Fedorow. „Aber so muss das in einer schnelllebigen Branche sein.“
Zu viele Kamikaze-Drohnen in der Luft
Die Ukraine darf keine Zeit mehr mit dem Kampf gegen die Shahed-136 und andere Kamikaze-Drohnen verschwenden, weil große Teile der Infrastruktur bereits zerstört sind und der Winter vor der Tür steht. Laut Präsident Selenskyj soll Moskau insgesamt 2.400 Shahed-136 aus dem Iran bestellt haben, eine russische Massenproduktion ist nicht auszuschließen. Der Sprecher der Luftwaffe, Juri Ignat, sagte am vergangenen Freitag, dass 300 der Kamikaze-Drohnen bereits vom Himmel entfernt worden seien, aber zu viele von ihnen noch ihr Ziel treffen würden. Zum Beispiel haben am Montag sechs von 50 Shahed-136 bestanden. Infolgedessen waren laut Bürgermeister Vitali Klitschko zeitweise 80 Prozent der Einwohner Kiews ohne Wasser und 350.000 Wohnungen ohne Strom.
Teure Flugabwehrsysteme sind auf Dauer keine Option
Luftverteidigungssysteme wie das kürzlich von Deutschland gelieferte IRIS-T SL sind bestenfalls eine kurzfristige Lösung, obwohl Ignat am Montag seine 100-prozentige Erfolgsquote feierte. Denn die IRIS-Raketen sollen jeweils mehr als 400.000 Euro kosten, so dass ihr Einsatz und ähnliche Systeme zur Abwehr von Marschflugkörpern etc. müssen verpflichtet werden, bezahlbar zu bleiben. Der Preis für eine Shahed-136 wird auf 20.000 bis 50.000 Euro geschätzt. Nach offiziellen Angaben hat die Ukraine im September 161 Shahed-136, eine größere Shahed-129 und vier noch größere Mohajer-6-Drohnen abgeschossen. Laut Guardian schätzen Militäranalysten die Gesamtkosten für Russland auf nur 11,7 bis 18 Millionen Euro. Die Ukraine setzte Kampfjets und Flugabwehr-Raketensysteme zur Verteidigung ein. Zwischen dem 13. September und dem 17. Oktober beliefen sich die Kosten Berichten zufolge auf über 28 Millionen Euro.
Crowdfunding für „Shahed Catcher“
Deutlich günstiger soll der sogenannte „Shahed Catcher“ sein. Eine Initiative sammelte dafür Geld durch den Verkauf von Armbändern aus dem letzten von Azov Steel in Mariupol produzierten Stahl. Angestrebt waren rund 2,25 Millionen Euro, für die zwei Anlagen angeschafft werden sollten. Laut dem Minister für digitale Dienste Fedorov verdoppelte sich der Betrag in kurzer Zeit. Was genau „Shahed Catcher“ ist, hat die ukrainische Führung noch nicht verraten. Oleg Horochowski, Mitbegründer der an der Initiative beteiligten “Smartphone-Bank” Monobank, erklärte bei einem Spendenaufruf auf Telegram, dass die betreffenden Systeme von Nato-Staaten genutzt würden.
Ähnlichkeit mit “Sky Wiper”
Laut “Euromaidan Press” verriet er später etwas darüber, wie es funktioniert. Dementsprechend „blenden“ solche Systeme die Drohnen, sodass sie versuchen, eine sichere Höhe zu erreichen. Dort könnten sie dann von Flugabwehrsystemen abgeschossen werden. Im Prinzip könnte es sich um eine Waffe handeln, die der „Wiper“ ähnelt, einer Kampfwaffe, mit der die Ukraine konventionelle Hubschrauber vom Himmel holt. Auch der Minister für digitale Dienste Fedorov spricht in seinem Interview mit „Forbes“ von „Drohnen jagen Drohnen“. Es ist nicht klar, ob dies bereits “Shahed Catcher” oder etwas aus der Zukunft ist.
Bayraktar TB2 wird ein Drohnenjäger
Es könnte sich auch auf eine Weiterentwicklung der Kampfdrohnen Bayraktar TB2 und Akıncıs des türkischen Herstellers Baykar bezogen haben. Laut „Daily Sabah“ sagte Firmengründer Haluk Bayraktar in einem Interview mit dpa, dass die beiden Drohnen bald mit Luft-Luft-Raketen ausgestattet werden könnten, mit denen sie auch feindliche Drohnen und Flugzeuge angreifen könnten. Seine Firma führt bereits Tests durch. Egal, welche Waffe die Ukraine gegen Kamikaze-Drohnen einsetzt, alle Ukrainer können jetzt eine App verwenden, um sie abzuwehren. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums der Ukraine ist ePPO (eAir Defense) derzeit nur für Android-Smartphones verfügbar. Benutzer, die ein Ziel in der Luft sehen, z. B. einen Marschflugkörper oder eine Kamikaze-Drohne, öffnen die App, wählen den Angreifertyp aus, richten ihr Smartphone darauf und tippen auf einen roten Knopf. Die Luftverteidigung sieht dann eine Markierung auf einer Karte, gleicht diese mit Radarinformationen ab und gibt das Flugobjekt zum Abschuss frei.