TIROL. Die meisten Menschen wissen sofort, was sie mit einem Tennisball vor sich machen könnten, zumindest theoretisch: Man kann ihn werfen, in der Hand halten und damit spielen, kleine Kinder könnten ihn beißen. Bereits in den 1960er Jahren sprach der amerikanische Psychologe James Gibson von Handlungsmöglichkeiten als „Angebote“: Ein Tennisball bietet Hunden andere Handlungsmöglichkeiten als einer Ameise oder einem Menschen. Diese Fähigkeiten wurden in den letzten Jahren auch zunehmend von der Robotik ins Visier genommen. Am Digital Science Center (DiSC) der Universität Innsbruck zielt ein laufendes Projekt mit „ELSA“ (Effective Learning of Social Affordances for Human-Robot Interaction) darauf ab, Robotern beizubringen, diese Angebote zu erkennen, insbesondere solche, die Menschen ihrer Umwelt bieten . Univ.-Prof. Justus Piater, Informatiker und Leiter von DiSG, erklärt, was das Projekt besonders macht: „DiSG setzt sich aus Forscherinnen und Forschern unterschiedlicher Disziplinen zusammen. Mit Matthias Schurz, ebenfalls bei ELSA engagierter Psychologe, der sich bei DiSG auf digitale Methoden in seinem Fachgebiet konzentriert. Das IT-Know-how in der Robotik kommt von meiner Arbeitsgruppe und meinen Kollegen in Frankreich.“ Ein Roboter muss lernen, gezielter mit seiner Umwelt zu interagieren, insbesondere mit den Menschen um ihn herum: „Menschen haben auch unterschiedliche Fähigkeiten, zum Beispiel wenn sie bestimmte Werkzeuge dabei haben. Ein Roboter kann jemanden mit einer Schere bitten, ein Blatt Papier zu schneiden. Die gleiche Anfrage ohne Schere in der Nähe macht jedoch keinen Sinn, aber das muss ein Roboter verstehen“, erklärt Piater. Auf diese Weise wird das Repertoire an Roboteraktionen deutlich erweitert, insbesondere in Zusammenarbeit mit Menschen. Die Ergebnisse dieser Forschung werden direkt auf Roboter angewendet. „ELSA“ startete Anfang dieses Jahres und läuft bis Anfang 2026.
Interdisziplinarität
ELSA ist nur ein Beispiel für die interdisziplinäre Forschung, die von DiSG an der Universität Innsbruck koordiniert wird. Insgesamt 16 Personen aus allen Disziplinen, von Informatik über Atmosphärenwissenschaften, Jura, Philosophie, Psychologie bis Mikrobiologie, arbeiten gemeinsam an Digitalisierungsfragen – jeweils in Doppelfunktion bei DiSG und einem Universitätsinstitut. „Digitalisierung ist ein Querschnittsthema und in diesem Querschnitt steckt viel Potenzial, das wir jetzt erschließen wollen. Unsere Mission ist zweierlei: Einerseits stärken wir die Kompetenzen in digitalen Methoden in den einzelnen Fakultäten der Universität, andererseits fördern wir die interdisziplinäre Zusammenarbeit durch Vernetzung“, sagt DiSG-Direktor Justus Piater Projektbeispiel von Roberto Viviani. zur personalisierten Medizin unter Beteiligung von DiSG: Ziel ist eine Plattform mit klinischen Forschungsdaten, um personalisierte Behandlungsansätze bei Depressionen mittels künstlicher Intelligenz zu ermöglichen – Rechtsanwältin Clara Rauchegger von DiSG und dem Institut für Theorie und Zukunftsrecht forscht insbesondere zu Aspekten des Datenschutzes.
Studierende profitieren
Auch Studierende profitieren direkt von der Etablierung von DiSG: Das Wahlpaket „Digital Science“, das Studierenden aller Studienrichtungen offen steht, vermittelt unter anderem Grundlagen des Programmierens, aber auch den aktuellen Forschungsstand zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen der Digitalisierung , wie ethische Aspekte und rechtliche Fragen im digitalen Raum. „Allein im laufenden Wintersemester haben wir rund 500 Buchungsanfragen für einzelne Module aus diesem Auswahlpaket erhalten“, sagt Justus Piater. In diesem Jahr vergab das Digital Science Center erstmals auch den „Digitization Research Award“ an herausragende studentische Abschlussarbeiten der Universität Innsbruck. Mit dem Vollausbau des Digital Science Center erwartet Direktor Justus Piater weitere persönliche Impulse: „Wir sind zuletzt stark gewachsen und ich hoffe, dass diese Dynamik anhält: Immer mehr Studierende schreiben ihre Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten bei DiSG, Besucher Wissenschaftler bringen mehr Ideen ein und neue Kooperationen entstehen. Diese inhaltliche und personelle Vielfalt macht uns auch frei für die ganz großen Fragen der Digitalisierung, die wir langfristig angehen wollen, wie Nachhaltigkeit und die Digitalisierung des gesellschaftlichen Lebens.“ Weitere Neuigkeiten aus Tirol lesen Sie hier: