Löhne: „Junge sprechen offener über Löhne“
Löhne sind in der Schweiz tabu. Warum das so ist und wie sich das bei der jüngeren Generation ändert, erklärt HR-Expertin Judith Oldekop. 1/5 Forderungen nach Lohntransparenz scheitern bisher auf politischer Ebene. Foto: Kampagne der Gewerkschaft Unia. Tamedia Lohntransparenz wird jedoch als Mittel zur Lohngleichheit angesehen. New York hat ab dem 1. November 2022 eine Regelung, dass das Mindest- und Höchstgehalt für die Stelle in Stellenausschreibungen veröffentlicht werden muss. Getty Images/iStockphoto Personalexpertin Judith Oldekop beobachtet, dass junge Menschen offener mit Gehältern umgehen. Gleichzeitig ist ihnen das Gehalt im Vergleich zu anderen Faktoren wie dem Betriebsklima nicht mehr so wichtig. Privatgelände
In New York gibt es ab dem 1. November eine Gehaltsoffenlegungspflicht: Arbeitgeber müssen die potenzielle Gehaltsspanne in der Stellenausschreibung angeben. In der Schweiz haben Forderungen nach Lohntransparenz auf politischer Ebene bisher keine Chance. Die Leute reden nicht gerne über Gehälter. Personalexpertin Judith Oldekop sagt, das ändere sich. Junge Menschen kümmern sich weniger um Löhne und sprechen offener darüber.
Ab dem 1. November müssen Arbeitgeber in New York in Stellenausschreibungen eine Gehaltsspanne angeben: Mindest- und Höchstgehalt. Wer das nicht tut, dem droht ein Bußgeld. Die Regelung gilt auch für interne Stellenausschreibungen. Andere Länder haben ähnliche Regelungen. In Österreich besteht beispielsweise eine Pflicht zur Angabe des Mindestlohns in Stellenanzeigen. Damit soll die Position der Bewerber gestärkt werden. In der Schweiz hat diese Forderung auf politischer Ebene bisher keine Chance. Ob Gehaltstransparenz auch zu Equal Pay führt, hängt laut HR-Expertin Judith Oldekop davon ab, wie sie ausgestaltet ist. Wenn nur der Mindestlohn gemeldet werden muss, ist der Effekt geringer, weil Männer oft besser verhandeln als Frauen. Wird hingegen die Bandbreite wie in New York auf Mindest- und Höchstlohn festgelegt, dann erwartet sie eine größere Wirkung auf faire Löhne.
„Gehalt ist für Jungs weniger wichtig“
Lohn sei in der Schweiz noch immer ein Tabuthema, sagt Oldekop. Er stellt aber auch fest, dass sich dies in Teilen der Bevölkerung ändere. Jüngere Menschen hätten weniger Probleme, über Löhne zu sprechen, sagt er. Er beobachtet auch, dass der Lohn in dieser Altersgruppe im Vergleich zu anderen Faktoren wie Teamgeist, Arbeits- und Organisationskultur an Bedeutung verliert. «Ich kenne eine angehende Lernende, die im dritten Lehrjahr die Lehre mit 300 Franken weniger Lohn gewählt hat – weil die Leute dort netter sind.» 300 Franken Unterschied – bei einem Lehrlingslohn von rund 1000 Franken ist das viel. “Das zeigt, wie weit die Löhne auf der Prioritätenliste nach unten gerückt sind”, sagt Oldekop. Löhne sind nicht nur in der Schweiz, sondern in Mitteleuropa generell tabu. Wohingegen in Skandinavien absolute Transparenz herrscht. “In Schweden ist es normal, alles über meine Nachbarn und meine Kollegen zu erfahren, sie sind damit aufgewachsen und haben daher kein Problem damit.”
„Je leistungsorientierter, desto vorsichtiger“
Die Soziologin Katja Rost von der Universität Zürich sieht das Geldgeheimnis in der Schweiz in einem grösseren Zusammenhang. Auch das Bankgeheimnis habe eine lange Tradition, sagte sie im Gespräch mit 20 Minuten. „Generell scheint es so, dass je leistungs- und arbeitsorientierter eine Gesellschaft ist, desto weniger wird über den Lohn gesprochen.“ In Sachen Lohngleichheit senkt Rost die Erwartungen. Allein durch Transparenz würden die Löhne nicht gerechter, sagt er. Viel wichtiger ist die Frage, ob das Gehalt dem Erreichten entspricht. So kann jeder überprüfen, ob er nach Ausbildung, Erfahrung und Alter in der richtigen Gehaltsklasse liegt.
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