Neben „dringend“ stellte die SPÖ mehrere Anträge auf Fristsetzung für die Behandlung von Antikorruptionsmaßnahmen (56/A, 58/A, 60/A, 61/A, 743/A, 2133/A( E ) , 2286/A(E), 2384/A, 2385/A) an den Verfassungsausschuss oder den Rechtsausschuss. Die Abstimmung über diese Vorschläge findet am Ende der Aussprache über den Dringlichkeitsvorschlag statt. Darüber hinaus wird im Plenum ein Fristsetzungsantrag der FPÖ kurz debattiert, der darauf abzielt, einen Antrag auf Neuwahlen (2733/A) unverzüglich im Verfassungsausschuss zu beraten. Zunächst wurde der FPÖ-Abgeordnete Thomas Spalt als Nachfolger des Freiheitsabgeordneten Reinhard Eugen Bösch vereidigt. Vor dem Einstieg in die Debatte riefen die Freiheitlichen zu einer Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlags eines islamistischen Mörders in Wien vor zwei Jahren auf. Als Ausdruck der Solidarität mit den Opfern und ihren Angehörigen folgte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka dem Aufruf und forderte das Plenum auf, sich zu ihrem Gedenken zu erheben. Leichtfried: Die Regierung ist handlungsunfähig Für SPÖ-Vize Jörg Leichtfried ist klar: Österreich braucht Neuwahlen, zumal die Regierung aus ÖVP und Grünen auch mit Corona-Pandemie und Inflation keine Kompetenz im Krisenmanagement gezeigt hat. Der Sozialdemokrat kam zu dem Schluss, dass die derzeitige Regierung keine Maßnahmen ergriffen habe, um die Korruption wirksam zu bekämpfen, sondern die Regierung auf eine “Demokratiekrise” zusteuere. Parteispendern wird in Österreich mehr Einfluss auf die Demokratie eingeräumt als Wählern. Die bundesstaatliche COVID-19-Förderagentur (COFAG) etwa hat in intransparenter Weise Millionen von Steuergeldern an parteinahe Antragsteller verteilt. Bundeskanzler Nehammer beharre darauf, dass politisches Handeln strafrechtlich begrenzt sei, sagte Leichtfried im Gespräch mit der Kanzlerin. Moralisch dürfe sich die Politik aber nicht nur vom Strafrecht leiten lassen, betonte die obligatorische SPÖ und bestritt, dass die christlichsoziale Fraktion die 10 Gebote einhalten würde. Davon sind nur 2,5 strafrechtlich verboten. Direkt an Nehammer gerichtet forderte Leichtfried klare Aussagen dazu, ob dem Bundeskanzler wirklich nichts von dem mutmaßlichen Korruptionsverfahren bekannt sei und ob er den ebenfalls von Schmid beschuldigten NR-Präsidenten Sobotka in seiner Funktion noch für erträglich halte. Die Regierung sei weder handlungsfähig noch willens, kritisierte Leichtfried. Statt aktuelle Herausforderungen wie die Energiewende und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit anzugehen, geht es der Regierung darum, sich gegen Korruptionsvorwürfe zu verteidigen. Denn die ÖVP wolle mit allen Mitteln ihre Macht erhalten, monierte er. Insbesondere die Weigerung der ÖVP, sich mit der WKStA auf die Fragen der morgen angesetzten Unterausschussvernehmung Schmid zu einigen, ist ihm ein Dorn im Auge. “Weg frei für Neuwahlen!”, appellierte Leichtfried. Bundeskanzler Nehammer pocht auf Rechtsstaatlichkeit Bundeskanzler Nehammer wies Vorwürfe der Opposition, er sei in Korruptionsverdachtsfälle verwickelt gewesen, kategorisch zurück. „Ich bin nicht so und wir sind nicht so“, sagte er. “Korruption hat in Österreich sicher keinen Platz.” Die Ereignisse der vergangenen Tage und Wochen hätten ein düsteres Bild der Politik gezeichnet, räumte Nehammer ein: “Sollten diese Ereignisse stattgefunden haben, verurteile ich sie auf das Schärfste.” Die Finanzierung parteipolitischer Forschung mit Steuergeldern ist ebenso abzulehnen wie die politische Bevorzugung der Interessen der Finanzmächtigen. Die Gerichte würden die Vorwürfe klären, doch Nehammer sperrte sich einen Schuldspruch: “Ich bin kein Richter.” Laut Verfassung geht das Recht vom Volk aus und die Gesetze geben das Muster des gesellschaftlichen Zusammenlebens vor. Der Wertewandel im Laufe der Jahre spiegelt sich in der Gesetzgebung wider und diese muss verteidigt werden. Vorurteile seien in seinen Augen „Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit“. Mehrere Krisen müssten jetzt überwunden werden, erinnerte Bundeskanzler Nehammer und verwies auf die Coronavirus-Pandemie, die Klimakrise, die Energiekrise, die Inflation und den “ungerechten Krieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine”. Vor diesem Hintergrund verschwendet er keine Zeit mit parteiischem Gezänk, sondern widmet sich den Sorgen und Ängsten der Menschen. Als Bundeskanzler wolle er das Land durch die Krise führen, sagte Nehammer, und den Menschen in ihrer Not helfen. Denn in Krisenzeiten erwarteten die Bürger Geschlossenheit im politischen Handeln. “Korruption ist ein Gift”, betonte Nehammer, sie untergrabe das Vertrauen in die Institutionen eines Landes. Deshalb sei er offen für weitere Änderungen in der Antikorruptionsgesetzgebung, auch wenn Österreich im internationalen Vergleich gut abschneide. Den Vorwurf, irgendjemand sei untätig, wies die Kanzlerin grundsätzlich zurück. Dank der Mehrheit im Parlament hat die Regierung bereits 1.066 Gesetze umgesetzt. Einerseits hat das Land die Corona-Krise mit Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie gut überstanden, andererseits wurden fiskal- und gesellschaftspolitische Meilensteine gesetzt, darunter die Abschaffung der Kaltbebauung, die automatische Erhöhung der Familienbeihilfen, eine Bremse auf den Strompreis und eine Erhöhung der nationalen Verteidigungsbudgets. In Bezug auf die Energiesicherheit sagte er, dass die heimischen Erdgasspeicher zu mehr als 90 % gefüllt seien. SPÖ fordert Antikorruptionspaket Die SPÖ beklagte in ihren Stellungnahmen zum Eilantrag, dass die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts, des Informationsfreiheitsgesetzes und die Bestellung eines unabhängigen Bundesanwalts noch ausstünden. Die Ernennung von Stellen wird unabhängig von der Qualifikation noch immer politisch gesteuert. Die Reform des Parteiengesetzes wurde von der ÖVP erst nach Massenprotesten und ihrem zeitweiligen Versuch, “still und heimlich” Parteienfinanzierungsmechanismen zu legalisieren, wieder rückgängig gemacht. Die SPÖ hingegen stehe für “Transparenz, Aufklärung und Anstand”, sagte Leichtfried im Plenum und skizzierte das Antikorruptionspaket seiner Fraktion mit konkreten gesetzlichen Vorgaben. Mandatskauf und Kandidatenbestechung sollen geahndet, Korruptionsstrafen für Spitzenpolitiker verschärft und Verjährungsfristen für Korruptionsdelikte verlängert, transparente Vergabe von Regierungsanzeigen sichergestellt, Informationsfreiheit eingeführt, Besetzungen im öffentlichen Dienst transparent und objektiv werden und es soll eine autonome und unabhängige Bundesanwaltschaft eingerichtet werden. Zudem muss die WKStA unverzüglich alle von ihr angeforderten Akten und Unterlagen erhalten, die SPÖ fordert volle Unterstützung für die Aufklärung aller Vorwürfe gegen die ÖVP, einschließlich eines Endes der Aktenvernichtung im Bundeskanzleramt. (Fortsetzung Nationalrat) rei HINWEIS: Nationalrats- und Bundesratssitzungen können auch per Live-Streaming verfolgt werden und stehen als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments zur Verfügung.
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