Francesco „Pecco“ Bagnaia ging mit 23 Punkten Vorsprung als klarer Favorit in das Weltcup-Duell in Valencia. Doch er verhehlte nicht, dass ihn der Gedanke an den bevorstehenden Putsch beschäftigte und auch teilweise von der Strecke abhielt.
2018 gewann Pecco bereits einen Moto2-Titel. „Aber wir reden hier über den MotoGP-Titel – mit Ducati als Italiener. Das macht alles anders“, sagte der 25-jährige Italiener.
Am Sonntag um 14:42 Uhr geschah: Platz 9 reichte Bagnaia zum Titelgewinn. “Es ist schön”, sagte er im Parc Fermé. „Das war das schwierigste Rennen des Jahres und meines Lebens. Ich hatte Mühe. Ich wollte unter die ersten Fünf, aber nach drei, vier Runden hatte ich große Probleme mit der Front, die war nicht mehr zu kontrollieren. Aber das Wichtigste ist, dass wir Weltmeister sind: ein toller Tag, ich bin sehr glücklich. » Bagnaia verlieh Ducati 15 Jahre nach Casey Stoner im Jahr 2007 einen weiteren Fahrertitel und besiegelte damit die „Triple Crown“ für die Roten aus Borgo Panigale. Erstmals seit seinem Mentor Valentino Rossi im Jahr 2009 holte der gebürtige Turiner auch einen MotoGP-Titel nach Italien.
Doch damit nicht genug: Seit Giacomo Agostini 19972 in der MV Agusta vor 50 Jahren zum letzten Mal ein Italiener bei einer italienischen Marke in der „Königsklasse“ siegte.
Das größte Comeback in der GP-Geschichte
Tatsächlich ging Pecco Bagnaia nach vier Siegen aus den letzten sechs Rennen des Vorjahres als Favorit in die Saison 2022, strauchelte dann aber früh. Die Abstimmungsarbeiten am neuen GP22 dauerten länger als erwartet. Dazu kamen kostspielige Fehler wie Stürze bei den Rennen in Doha, Le Mans und auf dem Sachsenring. Auch beim Catalunya GP wurde er kurz nach dem Start von Takaaki Nakagami gefeuert. Spätestens nach dem Deutschland-GP und 91 Punkten Rückstand schien der Titelkampf in weiter Ferne.
„Nur in einem Moment habe ich aufgehört, an den Titel zu glauben, direkt nach dem Rennen auf dem Sachsenring“, verriet Bagnaia im Anschluss. „Aber schon am nächsten Tag habe ich es wieder geglaubt, weil es mathematisch möglich war. Ich wusste, wenn ich alles 100 Prozent mache, wenn ich alles richtig mache, kann ich aufholen, auch wenn ich von Fabio nicht so viele Fehler erwartet habe. Aber es stimmt, dass wir einen unglaublichen Job gemacht haben, auf der Strecke, aber auch zu Hause.”
Die anschließende Erholung des Italieners in der Rückrunde wird zweifellos in die Geschichte eingehen. „Ich habe meine Lektion gelernt“, versicherte der Ducati-Werksfahrer nach dem dritten Platz auf Phillip Island, der ihm zum ersten Mal die Führung in der MotoGP-Startaufstellung verschaffte.
Dass seine Teamkollegen auf Anraten der Ducati-Bosse auf riskante Manöver gegen die Titelhoffnung in der Schlussphase verzichten sollen, hat in den vergangenen Wochen immer wieder für Diskussionen unter Beobachtern und Fans gesorgt. Am Ende war es aber Bagnaia selbst, der mit insgesamt sieben Siegen – davon vier in Folge – ins Titelrennen zurückkehrte und in den entscheidenden Momenten erfolgreich den berühmten Schalter auf den Kopf legte und damit den Sieg holte Unterschied zu einem zweifellos sehr konkurrenzfähigen GP22.
Kein anderer Fahrer hat 2022 mehr Rennen gewonnen, keiner hat mehr als fünf Pole-Positions errungen und keiner hat auch nur annähernd so viele Runden gefahren wie Bagnaia – 189, um genau zu sein, kurz: ein würdiger Weltmeister.
Pecco hat vielleicht nicht das Charisma seines großen Mentors Valentino Rossi, aber er ist ein freundlicher und intelligenter junger Mann – und, wie er es ausdrückte, „sicherlich ein ziemlich sensibler Fahrer auf emotionaler Ebene“. Unterstützung findet er bei seiner Familie und seiner Freundin Domizia, die alle nach Valencia gereist sind und in Form von Strichmännchen auf Peccos Helm ohnehin das ganze Jahr symbolisch mit ihnen fahren. Sie halfen ihm auch durch die schwierigen mentalen Momente zu Beginn der Saison. Auch beim Spazierengehen mit dem Dackel-Turbo kann er abschalten. Auf der Straße kann der Ducati-Werksfahrer immer auf die Unterstützung von Schwester Carola zählen, die ihn als Assistentin unterstützt und im PR-Team von Ducati arbeitet.
Carola ist auch für seinen Spitznamen „Pecco“ verantwortlich, weil er „Francesco“ als Kind nicht richtig aussprechen konnte. Eines seiner Markenzeichen ist sein Motto #GoFree, das auf der Lederkombi prangt. Und Bagnaia bezeichnet seine wachsende Fangemeinde gerne als „Nuvola Rossa“, die rote Wolke.
Beruflicher Aufstieg dank VR46
Bagnaia war 2013 in seiner ersten Saison in der Moto3-Weltmeisterschaft mit dem Team Italia FMI ein Kinderspiel. Im selben Jahr wurden jedoch die ersten Kontakte zu VR46 geknüpft: „Es war in Brünn, als ich Uccio zum ersten Mal traf. Er sagte mir dann, dass ich mehr lachen sollte, weil er mich immer wütend oder unglücklich sah. Dann gab es ein Treffen mit meinem Vater auf Phillip Island, wo sie über die Akademie und das Projekt für junge Fahrer sprachen“, blickte Pecco zurück.
Die ersten Punkte folgten 2014 mit dem Sky Racing Team VR46. 2015 stand er erstmals mit dem geschlagenen Mahindra auf dem Podium und 2016 sogar seine ersten beiden Siege. Die TT-Strecke, der Ort seines ersten Erfolgs, ziert als Tattoo auch Peccos rechten Oberarm.
Der Italiener hatte auch früh die Chance, auf ein MotoGP-Bike zu steigen: 2016 hatte er mit Aspars ehemaligem Team gewettet, dass er bei einem Sieg in der Moto3-Klasse die Aspar Ducati testen darf.
In seinem ersten Jahr in der Moto2 stand der Sky Racing Team VR46-Fahrer viermal auf dem Podium und wurde zum Rookie of the Year gekürt. 2018 holte er dann den Moto2-Titel mit acht Saisonsiegen und vier weiteren Podestplätzen, die er sich in Sepang sicherte.
Übrigens: Der Kalex-Weltmeister von 2018 ist wie der Mahindra seiner ersten GP-Erfolge bereits in seiner Heimatstadt nahe Turin unterwegs. Wird es auch eine Ducati GP22 geben?
Das VR46-Talent hatte seinen MotoGP-Vertrag bereits vor Beginn der Saison 2018 unterschrieben – bei Ducati. Pecco träumte davon, seit er ein kleiner Junge war, weil sein Onkel eine Ducati 996R hatte.
Allerdings verlief die Rookie-Saison in der ersten Liga uneinheitlich und voller Stürze. Er fuhr eine GP18 für das Pramac Ducati Team und wurde mit 54 Punkten 15. in der Weltmeisterschaft und nur Dritter in der Rookie-Wertung.
Bagnaia stand klar im Schatten von Fabio Quartararo, der in seinem ersten Jahr mit sechs Pole-Positions und sieben Podestplätzen die MotoGP-Weltmeisterschaft erreichte, aber auch von Joan Mir, der 2020 in seinem zweiten Jahr Weltmeister wurde.
Crewchef Cristian Gabbarini, der lange mit Casey Stoner zusammengearbeitet hatte, erkannte schnell großes Potenzial. Nach den ersten gemeinsamen Wintertests attestierte er Pecco die Fähigkeit, das Gelernte nicht zu vergessen. „Es kommt oft vor, dass ein Fahrer gute Zeiten fährt – ohne zu wissen warum, ohne zu wissen, wie er dorthin gekommen ist. Gute Jungs hingegen haben diese Eigenschaft: Sie erzielen ein Ergebnis und wissen, warum sie es getan haben.“
2020 bekam Pecco erstmals das neuste Material von Pramac. Trotz der Rückschläge nahm seine Entwicklung zum Champion ihren Lauf. Im September 2020 feierte er nach einem Schienbeinbruch mit seinem ersten MotoGP-Podium in Misano ein beeindruckendes Comeback nach seiner Verletzungspause. Der nächste heimische GP endete eine Woche später am selben Ort, aber mit einem bitteren Ausfall, als der Pramac-Fahrer an der Spitze stürzte.
Allerdings wurde Bagnaia für 2021 ins Werksteam befördert. Er war noch eine Weile auf der Jagd nach einem ersten Sieg, als in Aragón nach einem packenden Duell mit Marc Márquez endlich der Knoten platzte, aber das hielt ihn nicht auf.
Seitdem hat der heute 25-jährige Italiener elf der letzten 26 MotoGP-Rennen gewonnen. In Valencia reichte nach turbulenter Auftaktphase Platz 9 für die MotoGP-Krone 2022.
MotoGP-Ergebnis, Valencia (6.11.):
- Rins, Suzuki, 27. Rdn in 41:22,250 min2 Brad Binder, KTM, + 0,396 Sek.3. Martin, Ducati, +1.0594. Viertel, Yamaha, + 1.9115. Oliveira, KTM, +7.1226. Mir, Suzuki, + 7.7357. Marini, Ducati, + 8.5248. Bastianini, Ducati, + 12.0389. Bagnaia, Ducati, + 14.44110. Morbidelli, Yamaha, + 14.67611. Bezzecchi, Ducati, + 17.65512. Raul Fernández, KTM, + 24.87013. Gardner, KTM, + 26.54614. Nakagami, Honda, + 26.61015. Di Giannantonio, Ducati, + 31.81916. Crutchlow, Yamaha, + 1:28.870 min17. Alex Marquez, Honda, + 1 Runde – Miller, Ducati, + 5 Runden – Zarco, Ducati, + 12 Runden – Viñales, Aprilia, + 12 Runden – Marc Marquez, Honda, + 18 Runden – Pol Espargaró, Honda, + 23 Runden – Darryn Binder, Yamaha, + 23 Runden – Aleix verschont, Aprilia, + 24 Runden Endstand der MotoGP-Weltmeisterschaft (nach 20 Rennen):
- Bagnaia 265. 2. Quartararo 248 Punkte. 3. Bastianini 219. 4. Aleix Espargaró 212. 5. Miller 189. 6. Brad Binder 188. 7. Rins 173. 8. Zarco 166. 9. Martin 152. 10. Mariveira 149. 11.2. Viñiale 120. 13. Marc Marquez 113. 14. Bezzecchi 111. 15. Mir 87. 16. Pol Espargaro 56. 17. Alex Marquez 50. 18. Nakagami 48. 19. Morbidelli 42. 20. Giantonio. 22. Raúl Fernández 14. 23. Remy Gardner 13. 24. Darryn Binder 12. 25. Crutchlow 10. 26. Bradl 2. Konstrukteurs-WM:1. Ducati 448 Punkte. 2. Yamaha 256. 3. Aprilia 248. 4. KTM 240. 5. Suzuki 199. 6. Honda 155. Gruppen-WM:1. Ducati Lenovo Team 454 Punkte. 2. Rot…