„Unser Land wurde mit einer Reihe von Krisen bestraft, die massiv fordern und Menschenleben belasten“, begründete SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried vergangene Woche die Forderung nach der dritten Sondersitzung seit Beginn der Konferenz im September. Eine dieser Krisen sei die von der ÖVP ausgelöste „Demokratiekrise“, weil sie selbst entschieden habe, „dass die Grenze der politischen Verantwortung ausschließlich das Strafrecht ist“.

Auch die Frage des Antikorruptionspakets

Eine weitere Initiative im Nationalrat betrifft ein Antikorruptionspaket. Die SPÖ werde alle ihre diesbezüglichen Anträge erneut vorbringen, sagte Justizsprecherin Selma Yildirim. Dazu gehören unter anderem das Informationsfreiheitsgesetz, die unabhängige Bundesanwaltschaft und mehrere Transparenzgesetze wie das Medientransparenzgesetz. Yildirim ärgerte sich über die “mangelnde Weitsicht der ÖVP”, die seiner Meinung nach nach wie vor kein Korruptionsproblem habe. APA/Roland Schlager Schmid erhob auch Vorwürfe gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka – er verteidigte sich energisch Derweil lud FPÖ-Chef Herbert Kickl Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einem offenen Brief zur Sondersitzung ein. So könne er „zeigen und hören“, wie sich ÖVP und Grüne verhalten und sich ein Bild davon machen, wie „Nationalratspräsident Sobotka (Wolfgang, Anm. d. Red.), dem die Garantenrolle der Würde des Hauses gefällt, ist längst zur größten Last dieser Würde geworden”. Kickl sagte, auch ohne die jüngsten Vorwürfe gegen ihn wäre allein der Vorsitz seiner Partei in der Untersuchungskommission ein Grund für seinen Rücktritt gewesen.

Unsicherheit um die Erwin Pröll Stiftung

In seiner Vernehmung durch die WKStA sagte Schmid aus, Sobotka habe Steuerprüfungen bei der Alois-Mock-Stiftung bzw. dem Alois-Mock-Institut und der Erwin-Pröll-Stiftung erfolgreich vermieden. Der Nationalratspräsident weist diesen Vorwurf kategorisch zurück. Wie Recherchen des ZIB2 des ORF ergaben, gab es 2017 eine Betriebsprüfung der Erwin Pröll Stiftung. Die Dominanz der Auslegung bleibt jedoch umstritten: NEOS nahm die Bekanntmachung der Betriebsprüfung zum Anlass, Neuwahlen auszurufen, während die ÖVP sah Schmid zu widerlegen. APA/Hans Punz Schmid hat arbeitsreiche Tage vor sich Die gesamte Sondersitzung wird sich voraussichtlich in diese Richtung bewegen: Die ÖVP wird nichts unversucht lassen, Schmid als unseriös darzustellen – Sobotka selbst hatte Schmid kürzlich als „Baron Münchhausen“ bezeichnet. Auch August Wöginger wird dabei eine zentrale Rolle spielen, hatte Schmid doch auch Vorwürfe gegen den ÖVP-Klubobmann erhoben. Laut einem WKStA-Auslieferungsersuchen soll er bei der Bestellung eines Parteifreundes zum Oberfinanzamt Oberösterreich interveniert haben.

Weitere Verhöre folgen

Schmid war seit den 2000er Jahren in den Ämtern führender Bundespolitiker der ÖVP, später Generalsekretär im Finanzministerium und dann Chef der ÖBAG. Seine behördlich abgesicherten Gespräche bereiten der ÖVP große Schwierigkeiten. In mehreren Fällen, wie dem Werbe- und Recherchefall, ermittelt die WKStA auch gegen Altkanzler Sebastian Kurz selbst und seine engsten Mitarbeiter. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Mitte Oktober teilte die WKStA mit, Schmid sei bereits im April mit einem Gnadengesuch an die Staatsanwaltschaft herangetreten. Seit Juni fanden 15 ganztägige Vernehmungen statt, zwei weitere sollen nächste Woche folgen. Schmids Äußerungen gegenüber der WKStA werden am Donnerstag auch Gegenstand der ÖVP-U-Ausschussuntersuchung sein. Was genau die Abgeordneten zu Schmid fragen, ist noch offen. Die WKStA befürchtet, dass Fragen zu Sachverhalten, zu denen sie noch nicht befragt wurde, die Ermittlungen behindern könnten. Die Staatsanwaltschaft trat daher mit einer Liste von Sachverhalten, zu denen Schmid bereits ausgesagt hatte, an die Fraktionen heran. Zu einer Einigung kam es allerdings noch nicht, da die ÖVP – als einzige Fraktion – einem solchen Deal nicht zugestimmt hatte.

ÖVP sucht Anwalt von Kurz

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker verteidigte am Montagabend auf ZIB2 die Position der ÖVP. Wie er auch bestätigte, bezahlt die ÖVP noch immer den Anwalt von Ex-Parteichef Kurz. Stocker verwies auf den Beschluss des Bundesparteivorstands aus dem Jahr 2020, dass einige Beamte Rechtsschutz genießen, wenn sie sich in Ausübung ihrer Tätigkeit in diese Situation begeben. Wer sonst noch von dem aktuellen Angeklagten profitiert, wisse Stocker “nicht auswendig”. wem dieser Rechtsschutz zusteht, bestimmt der Beschluss. Er glaube nicht, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) dabei sei. Ob es im Falle einer Verurteilung so bleibe, “werden wir am Ende des Verfahrens beurteilen.”

ÖVP-Generalsekretär Stocker zur Schmid-Untersuchung

Die Ermittlungen von Thomas Schmid in dieser Woche im ÖVP-Untersuchungsausschuss sorgen bereits jetzt für heftige Diskussionen. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker äußert sich dazu auf ZIB2. Inzwischen wurde die Aufzeichnung des Telefonats zwischen Kurz und Schmid veröffentlicht. Bisher war nur ein Protokoll des Gesprächs bekannt, jetzt veröffentlichte der ehemalige BZÖ-Politiker Stefan Petzner die Audiodatei auf Twitter.