Leichtfried fragte Bundeskanzler Nehammer, ob er jetzt aufstehe und seine Fragen beantworte. Etwa, wenn er Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) noch für akzeptabel hält. Die ÖVP wird für das Antikorruptionspaket stimmen müssen, das die SPÖ auf den Weg bringen wird. „Aussitzen, aussitzen, aussitzen“, lautet die Devise der Regierung, sie könne die Krise und die Probleme nicht „bewältigen“. „Tue diesem Land einen Gefallen und ebne den Weg für Neuwahlen“, sagte Leichtfreid.

Nehammer: „Ich bin nicht so, und wir sind nicht so“

Man könne nicht den Eindruck erwecken, Multimillionäre könnten handeln, sagte Bundeskanzler Nehammer auf Leichtfrieds Vorstellung. “Ich möchte auch nicht, dass sich das Land dieses Image gibt”, sagte Nehammer: “Ich bin nicht so, und wir sind nicht so.” „Hier gibt es keine Sonderbehandlung für Eliten, Korruption hat in Österreich keinen Platz“. Aber er wolle niemanden schuldig sprechen, sagt Nehammer, er sei kein Richter. Über Schuld oder Unschuld entscheidet nur ein Fall, nämlich die unabhängigen Gerichte. Generell sei es bedauerlich und “erbärmlich”, dass nach außen der Eindruck erweckt werde, die Politik kümmere sich nur um sich selbst, so Nehammer. Während anderswo Krisen wüten und Krieg tobt, wird hier über Neuwahlen diskutiert. Dafür entschuldige er sich, “sorry”, sagte der Kanzler, der die Welt “auf diesem schwierigen Weg” begleiten wolle, wie er sagte. Die Regierung ist in der Lage, wichtige Entscheidungen zu treffen.

Reddy-Wagner: „Weg frei“

SPÖ-Chefin Pamela Reddy-Wagner sagte, es brauche eine Regierung, die das Vertrauen der Bevölkerung habe. Die vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass die Regierung “weder einen Plan noch eine Strategie habe”, sagte Reddy-Wagner. „Die Probleme der ÖVP sind zu den Problemen des Landes geworden – mit der Toleranz der Grünen“, sagte Reddy-Wagner. In Richtung ÖVP sagte er: „Weg frei (bei Neuwahlen bitte beachten).“ ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sagte, wie zuvor Nehammer, dass die Justiz die Fakten ermitteln und der Ausgang dann strafrechtlich und politisch entschieden werden solle. Ein Vernehmungsprotokoll (Schmid, Hrsg.) sei nicht Grundlage einer ethischen Bewertung, so Stocker. Man erlebt die Diskreditierung unschuldiger Menschen, darunter Sobotka. Sie stünden auch “hinter Klubpräsident August Wöginger”.

Kickl: Nehammer hat es „gefickt“

Anders FPÖ-Chef Herbert Kickl, der sich direkt an die Bundeskanzlerin wandte: Er habe heute Gelegenheit gehabt zu erklären, wie er die ÖVP erneuern wolle. Aber er, Nehammer, habe es “vermasselt”, sagt Kickl. Er identifizierte „Reinigung, Ablenkung und eine unglaubliche Menge an Selbstmitleid“. Nehammer betreibe eine “Realitätsverweigerung”, die ihn an “die Spätphase von Ceausescu (Nicolae, Ex-Diktator der Sozialistischen Republik Rumänien, Anm.)” erinnere. APA/Roland Schlager Schmid erhob auch Vorwürfe gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka – er verteidigte sich energisch

„Unkenntnis der ÖVP“

„ÖVP-Korruption beenden statt aussitzen“ lautet der Titel des Antrags, in dem die Roten ein umfassendes Antikorruptionspaket fordern. Das Antikorruptionspaket umfasst unter anderem das Informationsfreiheitsgesetz, die unabhängige Bundesanwaltschaft und mehrere Transparenzgesetze, wie das Medientransparenzgesetz. Justizsprecherin Selma Yildirim ärgerte sich über die “mangelnde Weitsicht der ÖVP”, die nach wie vor kein Korruptionsproblem sieht. Konkret fordert die SPÖ unter anderem Regierungsvorlagen zur Ahndung von Mandatskauf und Kandidatenbestechung, härtere Korruptionsstrafen für Spitzenpolitiker mit längerer Verjährung, Informationsfreiheit und eine unabhängige und weisungsfreie Bundesanwaltschaft.

Unsicherheit um die Erwin Pröll Stiftung

In seiner Vernehmung durch die WKStA sagte Schmid aus, Sobotka habe Steuerprüfungen bei der Alois-Mock-Stiftung bzw. dem Alois-Mock-Institut und der Erwin-Pröll-Stiftung erfolgreich vermieden. Der Nationalratspräsident weist diesen Vorwurf kategorisch zurück. Wie Recherchen des ZIB2 des ORF ergaben, gab es 2017 eine Betriebsprüfung der Erwin Pröll Stiftung. Die Dominanz der Auslegung bleibt jedoch umstritten: NEOS nahm die Bekanntmachung der Betriebsprüfung zum Anlass, Neuwahlen auszurufen, während die ÖVP sah Schmid zu widerlegen. APA/Hans Punz Schmid hat arbeitsreiche Tage vor sich Die gesamte Sondersitzung wird sich voraussichtlich in diese Richtung bewegen: Die ÖVP wird nichts unversucht lassen, Schmid als unseriös darzustellen – Sobotka selbst hatte Schmid kürzlich als „Baron Münchhausen“ bezeichnet. Auch August Wöginger wird dabei eine zentrale Rolle spielen, hatte Schmid doch auch Vorwürfe gegen den ÖVP-Klubobmann erhoben. Laut einem WKStA-Auslieferungsersuchen soll er bei der Bestellung eines Parteifreundes zum Oberfinanzamt Oberösterreich interveniert haben.

Weitere Verhöre folgen

Schmid war seit den 2000er Jahren in den Ämtern führender Bundespolitiker der ÖVP, später Generalsekretär im Finanzministerium und dann Chef der ÖBAG. Seine behördlich abgesicherten Gespräche bereiten der ÖVP große Schwierigkeiten. In mehreren Fällen, wie dem Werbe- und Recherchefall, ermittelt die WKStA auch gegen Altkanzler Sebastian Kurz selbst und seine engsten Mitarbeiter. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Mitte Oktober teilte die WKStA mit, Schmid sei bereits im April mit einem Gnadengesuch an die Staatsanwaltschaft herangetreten. Seit Juni fanden 15 ganztägige Vernehmungen statt, zwei weitere sollen nächste Woche folgen. öffentliche Diskussion

Fall ÖVP: Welche Konsequenzen hat die Aussage von Schmid?

Schmids Äußerungen gegenüber der WKStA werden am Donnerstag auch Gegenstand der ÖVP-U-Ausschussuntersuchung sein. Was genau die Abgeordneten zu Schmid fragen, ist noch offen. Die WKStA befürchtet, dass Fragen zu Sachverhalten, zu denen sie noch nicht befragt wurde, die Ermittlungen behindern könnten. Die Staatsanwaltschaft trat daher mit einer Liste von Sachverhalten, zu denen Schmid bereits ausgesagt hatte, an die Fraktionen heran. Zu einer Einigung kam es allerdings noch nicht, da die ÖVP – als einzige Fraktion – einem solchen Deal nicht zugestimmt hatte. Zur Vernehmung Schmids durch den U-Ausschuss am Donnerstag sagte die SPÖ am Mittwoch, dass ÖVP-Abgeordnete „offensichtlich die Ermittlungen der WKStA aktiv behindern wollen“.