Stand: 01.11.2022 17:00 Uhr
Prominente, Models, Pornodarsteller – auf OnlyFans bieten sie ihre Inhalte von zu Hause aus an. Macht die Plattform Sexarbeit wirklich sicher und selbstgesteuert? SWR-Recherchen zeigen, wie Delegationen das Geschäft untergraben. Von Rabea Westarp und Tasnim Rödder, SWR
Seit ihrer Gründung im Jahr 2016 bietet die OnlyFans-Plattform Benutzern die Möglichkeit, Prominenten zu folgen und mit ihnen zu kommunizieren. Melden Sie sich an, um ihnen nahe zu sein und exklusive Inhalte zu erhalten. Eine Idee, die vor allem Erotikmodels und Pornodarstellerinnen seit Beginn der Corona-Pandemie nutzen, um ihre Inhalte zu verbreiten.
Seit Bestehen der Plattform hat sich um sie herum ein Geschäftsmodell entwickelt. Dazu gehören externe Managementgremien, die Models beraten. Viele dieser Agenturen bieten die Aussicht, unter ihrer Anleitung ohne großen Aufwand enorme Summen zu verdienen und innerhalb weniger Wochen ein großes Publikum gewinnen zu können. Die „Content Creators“ von OnlyFans weisen der Plattform 20 Prozent der erzielten Einnahmen als monatliche Provision zu. Recherchen des SWR VOLLBILD zeigen nun, dass einige Agenturen hohe Provisionen von bis zu zwei Dritteln für ihre Dienste verlangen.
“Passwort geändert, alles gelöscht”
VOLLBILD hat mehrere Models getroffen, die bei OnlyFans-Agenturen unter Vertrag stehen oder standen. Sie berichteten von Grenzüberschreitungen und finanzieller Ausbeutung durch die Dienste. In dem Interview erwähnt „Content Creator“ Laura, dass sie beim Dreh von Erotikvideos zum Handeln gedrängt wurde. Als sie den Vertrag kündigte, entfernte ihre Agentur ihr Konto. „Ich habe das Passwort geändert, alles gelöscht, und dann hat er dieses Konto jemand anderem gegeben“, sagte der 20-Jährige. Bis heute hat sie ihre Rechnung nicht erhalten. Da sie VOLLBILD den Namen ihrer ehemaligen Agentur nicht nennen wollte, konnten sie sich der Anklage nicht stellen.
OnlyFans-Models wie Laura berichten von Ausbeutung und Grenzüberschreitung. Bild: SWR
Eine ehemalige „OnlyFans“-Schöpferin, die unter dem Namen Roxie bekannt ist, erzählt von Netzwerktreffen, bei denen sie unter Druck gesetzt wurde, pornografische Videos zu machen, die zuvor nicht vereinbart wurden. “Weil die Kamera schon lief und es auch noch einen festangestellten Kameramann gab, habe ich einige Dinge gemacht, die ich vorher nicht abgesprochen hatte. Wie so oft muss man sagen…”. Sie leidet immer noch unter den psychischen Schäden aus ihrer Zeit bei OnlyFans. Deshalb ist sie nach eigenen Angaben derzeit arbeitsunfähig und lebt in rudimentärer Sicherheit.
Kein politischer Anspruch
Laut Medienwissenschaftlerin Lisa Andergassen ging mit der Plattformexplosion ein regelrechter „Goldrausch“ einher, aus dem auch Agenturen hervorgingen. „OnlyFans wird immer als feministisch bezeichnet“, sagt die Expertin. „Es ist ein Geschäftsmodell. Es gibt absolut kein Bewusstsein oder keine politische Behauptung, die man als feministisch bezeichnen könnte.“ Andererseits kann die Plattform Sexarbeitern Sicherheit bieten, weil sie ihre Inhalte von zu Hause aus produzieren können.
OnlyFans wurde vom Briten Timothy Stokely gegründet und erlebte 2020 mit der Coronavirus-Pandemie einen Boom. Bis 2021 wuchs die Zahl der Nutzer um fast 130 Prozent auf fast 200 Millionen. Stars wie die amerikanische Rapperin Cardi B oder das deutsche Promi-Paar Michael Wendler und Laura Müller bieten dort kostenpflichtige Inhalte an.
Auf ihrer Website sagt OnlyFans: „Wir haben uns verpflichtet, die sicherste digitale Medienplattform der Welt zu schaffen.“ Auf die Frage, wie das Unternehmen gegenüber Verwertungsagenturen vorgehe, äußerte sich OnlyFans auf Anfrage von VOLLBILD nicht. Laut OnlyFans sind Urheber rechtlich für die von ihnen verbreiteten Inhalte verantwortlich. Die Plattform bietet fast keinen Schutz. Den Film zum Thema finden Sie unter www.youtube.de/vollbild und in der ARD-Mediathek.
Ausbeutung auf OnlyFans
Thomas Oberfranz, SWR, 1.11.2022 · 18:05