Frühere Virusinfektionen begünstigen Pneumokokken-(Ko-)Infektionen
Wien (OTS) – Sowohl bei der Grippepandemie 1918/1919 als auch bei der Schweinegrippe 2009 beobachtet: Zusätzliche Pneumokokkeninfektionen erhöhen die Sterblichkeit. Eine grippale Infektion gilt als eine Art Vorstufe für weitere bakterielle Infektionen. Bisher gibt es nur wenige Daten zu bakteriellen Infektionen und SARS-CoV2. Treten beide Infektionen gleichzeitig auf, dürfte sich dies ebenfalls negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken. Und auch ohne gleichzeitige Virusinfektion sind Pneumokokken keine harmlosen Bakterien. Todesfälle gibt es jedes Jahr durch akute Pneumokokken-Erkrankungen, aber auch mittel- und langfristig durch Folgeerkrankungen. Sie können es verhindern. Eine frühzeitige Pneumokokken-Impfung kann viel Leid ersparen.
Erst Grippe, dann Pneumokokken
Die hohe Sterblichkeitsrate während der Grippepandemie 1918/19 dürfte größtenteils auf zusätzliche bakterielle Infektionen wie Pneumokokken zurückzuführen sein. Wenn es „nur“ ein besonders gefährliches Virus gegeben hätte, wären die Todesfälle innerhalb der ersten Tage eingetreten und nicht erst nach sieben bis zehn Tagen oder noch später. So stellten die Forscher fest, dass die Sterblichkeit während dieser Pandemie mehr mit der Lungenentzündungsrate als mit einer Influenza-Infektion zu tun hatte. Daher dürfte die Grippe das Immunsystem geschwächt und damit eine Superinfektion mit Pneumokokken und anderen Bakterien ermöglicht haben.[1]
Ähnliches fanden Forscher bei der Influenza-Pandemie (“Schweinegrippe”) von 2009. Eine zusätzliche bakterielle Infektion war eine der Hauptkomplikationen. Die Folgen waren sowohl eine erhöhte Morbidität als auch Mortalität. Die häufigsten Ursachen bakterieller Co-Infektionen waren Pneumokokken.[2]
„Leider müssen wir dieses Jahr mit einer starken Grippewelle und damit vielen Pneumokokken-Koinfektionen rechnen“, warnt Primarius Priv.-Doz. Dr. Rainer Gattringer vom Klinikum Wels-Grieskirchen. „Gerade Risikopersonen – also Personen mit Vorerkrankungen oder ältere Menschen – sollten sich daher neben Pneumokokken auch gegen Influenza impfen lassen. Dadurch kann das Risiko deutlich gesenkt werden.“
Auch SARS-CoV2 könnte Pneumokokken begünstigen
Die Faktenlage bezüglich SARS-CoV2 und möglicher dualer Pneumokokken-Infektionen ist derzeit noch unklar. Glücklicherweise sind aufgrund von Hygienemaßnahmen auch Pneumokokken-Infektionen in den letzten zwei Jahren zurückgegangen. Die bisher veröffentlichten Fallberichte zu solchen Doppelinfektionen legen jedoch nahe, dass hier mit einer erhöhten Sterblichkeit vor allem bei älteren Menschen zu rechnen ist.[3] In jedem Fall dürfte SARS-CoV2 die bakterielle Besiedelung und Gewebeanhaftung verstärken, während Co-Infektionen zu irreversiblen Gewebeschäden führen.[4] Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus dem Vereinigten Königreich zeigt auch, dass es nach Aufhebung der Pandemie-Maßnahmen zu einem Anstieg der Pneumokokken-Fälle bei Kindern unter 15 Jahren über dem Niveau vor der Pandemie kam.[5] „Ein Grund mehr, die Pneumokokken-Impfung bei Kindern nicht zu vernachlässigen oder versäumte Impfungen nachzuholen“, betont Gattringer.
Pneumokokken sind an sich schon gefährlich
„Pneumokokken können jedoch als einzige Infektion gefährlich werden, was sich bei Erwachsenen meist in Form einer Lungenentzündung äußert“, betont der Experte. „Vor allem in Risikogruppen. Welche das sind, wissen wir seit COVID-19 besonders gut, denn beide Risikogruppen* sind ähnlich. Noch immer gibt es jedes Jahr viele Todesfälle aufgrund von Pneumokokken-Infektionen. Ein guter Teil hätte sicher durch eine rechtzeitige Impfung verhindert werden können.”
Daher gibt es eine klare Empfehlung des Nationalen Impfausschusses zur Pneumokokken-Impfung für alle Kinder unter 5 Jahren und für alle gesunden Menschen über 60 Jahren, für alle Menschen mit erhöhtem Risiko (einschließlich Raucher oder Menschen mit Bluthochdruck) ab 51 und alle Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen in jedem Alter.
*Umfasst ältere Menschen, Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem
[1] Brundage JF, Shanks GD. Todesfälle durch bakterielle Lungenentzündung während der Grippepandemie 1918-19. Emerg Infect Dis. 2008 Aug;14(8):1193-9.
[2] MacIntyre, CR., Chughtai, AA., Barnes, M. et al. Die Rolle von Lungenentzündung und sekundärer bakterieller Infektion bei tödlichen und schweren Folgen der pandemischen Influenza a(H1N1)pdm09. BMC Infect Dis 2018 18, 637.
[3] Amin-Chowdhury Z, Aiano F, Mensah A, et al, Auswirkungen der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) Pandemie bei invasiver Pneumokokken-Erkrankung und Risiko einer Pneumokokken-Koinfektion mit dem schweren akuten respiratorischen Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV): Prospective National Cohort Study, England, Clinical Infectious Diseases, März 2021 (72): e65–e75,
[4] Bengoechea JA, Bamford CG SARS-CoV-2, bakterielle Co-Infektionen und AMR: Das tödliche Trio bei COVID-19? EMBO-Mol. Med. 2020? 12: e12560.
[5] Bertran M, Amin-Chowdhury Z, Sheppard CL, et al, Erhöhte Inzidenz invasiver Pneumokokkenerkrankungen bei Kindern nach der COVID-19-Pandemie, England. Emerg Infect Dis. 28. August 2022 (8): 1669-1672.
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