Der Vorfall ereignet sich zu einer Zeit, in der die britische Regierung wegen ihrer Behandlung von Migranten unter Beschuss geraten ist. Zunächst lag der Fokus auf einer Erstaufnahmeeinrichtung in Kent County am Ärmelkanal. Überfüllung und inakzeptable Zustände machten dort Schlagzeilen.

Asylsuchende sind sich selbst überlassen

Das Zentrum, das ursprünglich nur für 1.600 Menschen ausgelegt war, beherbergt derzeit rund 3.500 Menschen, wie der britische Einwanderungsminister Robert Jenrick in einem Interview mit Sky News einräumte. Er hatte die Regierung wegen einer bevorstehenden gerichtlichen Überprüfung kontaktiert. Jenrick sagte, das Camp solle „schnell wieder zu einem funktionsfähigen und gesetzeskonformen Zentrum werden“. Reuters/Henry Nicholls Vor Heathrow lag der Fokus auf dem Internierungslager in Kent County Medienberichten zufolge warf ein junges Mädchen einen Flaschenbrief über den Zaun, in dem stand, dass schwangere und kranke Menschen im Lager dringend Hilfe benötigten. Auch außerhalb des Lagers herrschte Aufregung: Laut einem Guardian-Bericht wurden am Dienstagnachmittag am Londoner Bahnhof Victoria rund ein Dutzend Asylbewerber ohne Informationen, Vorräte oder neue Adresse auf sich allein gestellt, die in einer neuen Unterkunft untergebracht werden sollten.

Braverman im Zentrum der Kritik

Seit ihrem Amtsantritt unter Premierminister Rishi Sunak muss sich Innenministerin Braverman fast ständig verteidigen. Zunächst wurden ihm verschiedene Verstöße gegen ministerielle Sicherheitsvorschriften vorgeworfen. IMAGO/ZUMA Draht/Tayfun Salci Suella Braverman Sunak stand ihr bei und sprach von einer „zweiten Chance“, weil Braverman ihren Fehler einräumte. Sie steht nun wegen der Asylpolitik, die ursprünglich von den Vorgängerregierungen kam, unter Druck. Braverman hingegen gilt in Asylfragen als Hardliner und sprach von einer “Invasion” an der Südküste Großbritanniens. Ihm wurde Anstiftung zum Hass vorgeworfen. Nachdem mehrere britische Minister immer wieder albanische Einwanderer für den Anstieg der Asylbewerberzahlen in Großbritannien verantwortlich machten, reagierten auch die Albaner. Premierminister Edi Rama beschuldigte London, albanische Bürger für eine gescheiterte Einwanderungspolitik zum Sündenbock zu machen. In diesem Jahr haben bisher mehr als 38.000 Menschen den Ärmelkanal nach Großbritannien überquert – deutlich mehr als im gesamten Vorjahr. Die konservative Regierung will Migranten unabhängig von ihrem Asylstatus nach Ruanda bringen.