Wenn das Erfolgsduo Michael Kunze und Sylvester Levay nach ihren großen Hits “Elisabeth” und “Mozart!” 2006 wandte er sich dank Hitchcocks Verfilmung dem bekannten Klassiker zu, die Überraschung war ziemlich groß. Thriller als Musical? Bis 2008 wurde das Stück mit Unterbrechungen in Wien aufgeführt, war zwar kein Fehlschlag, konnte aber nicht an den Erfolg einer „Elisabeth“ heranreichen. Doch dann wurde der britische Kriminalfall zum Welthit, denn das Stück wurde von zwei Millionen Zuschauern in einem Dutzend Ländern gesehen. Jetzt dominiert das markante Logo mit dem brennenden R vor Wasserhintergrund erneut das Musikleben in Wien – und das in atemberaubender Geschwindigkeit. Premierenregisseurin Francesca Zambello setzt auf Szenenwechsel in der Frequenz des filmischen Schnitts. Die Mauern des Manderley-Landsitzes stürzen schnell ins Dachgeschoss ein, Fischerhäuser versinken im nebligen Hintergrund oder ein Interieur verwandelt sich im Handumdrehen in eine Außenfassade. Diese filmische Attitüde der Regie ohne zu viel musikalischen Kitsch spiegelt sich auch in der zurückhaltenden Filmmusik wider, die stellenweise fast wie Kammermusik daherkommt, unabhängig von bekannten Hits wie „Hilf mir durch die Nacht“, „Rebecca“ oder „I träumte von Manderlay”. Die Zahl der monumentalen Kulissen wird hier reduziert, und es erinnert nun unmissverständlich an den Erfolg der Serie “Downton Abbey”. Stattdessen verlässt man sich, abgesehen vom spektakulären Szenenwechsel, auf die Schauspieler. Und das gibt es auch Los in Wien im Laden.
Nienke Latten als zweite Frau de Winter
Bei ihrem Debüt in Wien weiß die junge Niederländerin Nienke Latten als zweite Frau des reichen Witwers Maxim de Winter zunächst als naives Mädchen zu überzeugen, bevor sie es schafft, sich in eine starke Ehefrau zu verwandeln, die aus dem Schatten tritt sein toter Vorgänger, der den Titel gab. Als Rivalin in der ikonischen Rolle der bösen Mrs. Danvers, die mit unerschütterlichem Glauben um die tote Rebecca trauert, steht sie ihrem Landsmann Willemijn Verkaik gegenüber, der dieses Jahr bei den Oscars den Song „Frozen“ performte und nun gefroren ist. Haushälterin, die sich mit kräftiger, nicht überschwänglicher Stimme einlässt. Den beiden Damen gegenüber steht der deutsche Genre-Star Mark Seibert, der für seinen sechsten Auftritt im Raimund Theater die schwierige Rolle des widerspenstigen Witwers Maxim de Winter übernommen hat. Schließt das Spiel so souverän ab, wie es mit dem nicht sehr vielseitigen Charakter möglich ist. Wiener Publikumsliebling Ana Milva Gomes hat es etwas leichter als die schrille Mrs. Van Hopper. Das Modell des verrückten Amerikaners wird von den Wahl-Wienerinnen und Wienern mit Nachdruck aufgegriffen. Letztlich ist und bleibt „Rebecca“ weder ein Event-Musical noch ein nach einem Schema gewebtes Genre-Klischee. Designs und eine Geschichte des Verbrechens. Und die Geschichte der Emanzipation einer jungen Frau, die aus den Schatten der Vergangenheit auftaucht. www.musicalvienna.at