Infektionen mit der BA.5-Variante des Mikrons verdoppeln sich ab Anfang Mai fast jede Woche. Laut Tanja Stadler, 41, ehemalige Leiterin der Arbeitsgruppe und Leiterin des CoV-Spektrums der ETH-Plattform, würden die Fälle zunehmen, bis „eine ausreichende Immunität hergestellt ist“ oder „Verhaltensänderungen die Übertragung verringern“. Damit bringt Stadler die Masken wieder ins Gespräch und die verstärkte Innenraumbelüftung.

Kein Hinweis auf ernsthafte Steigungen

Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bestätigt den Trend zu einer neuen Welle, sieht aber noch keinen Anlass zur Sorge. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Varianten BA.4 und BA.5 einen schwereren Verlauf verursachen als frühere Varianten“, sagte das BAG auf Anfrage von Blick. „Außerdem misst die Bundesregierung angesichts der weit verbreiteten Immunität der Bevölkerung dem Gesundheitssystem kein großes Gewicht bei.“ Für die Einführung neuer Massnahmen sind derzeit die Kantone zuständig. Die Schweizerische Konferenz der Gesundheitsmanager (GDK) kann Massnahmen im Falle einer angespannten epidemiologischen Lage in der ganzen Schweiz oder auf nationaler Ebene entwickeln und vorschlagen. Dies sei derzeit jedoch nicht der Fall, sagte GDK auf Nachfrage von Blick. Zudem hat die Pandemie gezeigt, dass die bisherige Definition von Schwellenwerten, ab denen Maßnahmen ergriffen werden sollen, keineswegs sachgerecht ist.

Schwere Fälle von Covid bei Kindern

Während die Zahl der Infektionen steigt, gibt es auch in der Schweiz zunehmend Fälle von Kindern, die an Long Covid erkrankt sind. Eine ähnliche Anlaufstelle gibt es seit März am Kinderspital Zürich. Laut Tages-Anzeiger werden jede Woche ein bis zwei Kleinkinder dorthin transportiert. Die zuständige Kinderärztin Lara Gamper sagte der Zeitung: „Ich bin davon überzeugt, dass Covid auch bei Kindern ansteckende Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Leistungsunverträglichkeit und chronische Schmerzen hervorrufen kann, auch wenn der Studienzustand nicht eindeutig ist.“ Solche Symptome gab es in der Vergangenheit schon nach anderen Infektionen, doch seit der Coronavirus-Pandemie sind die Fallzahlen gestiegen.

Schwierigkeiten bei der Diagnose

Gamper sieht sich schweren Long-Covid-Fällen gegenüber. Kinder, die zur Beratung zu ihr kommen, können oft nicht mehr am regulären Schulunterricht teilnehmen. Sie sind im Alltag sehr eingeschränkt. Kinder sind im Durchschnitt 12 Jahre alt. „Je jünger man ist, desto schwieriger ist es, Symptome zu diagnostizieren und zum Beispiel sogar eine kognitive Beeinträchtigung zu bemerken“, sagt Gamper. Auch die Behandlung ist eine Herausforderung. „Es gibt noch keine evidenzbasierten Behandlungen“, sagt der Mediziner. Die Genesung der Kinder wird unter anderem durch die Einnahme von Vitaminpräparaten, Melatonin oder Antihistaminika unterstützt. „Das Wichtigste aber sind die anpassbaren Tagesstrukturen und dass Kinder und Jugendliche schnellstmöglich wieder in den Alltag und die Schule zurückfinden und Chronifizierungen vorgebeugt werden können“, sagt Gamper. Der Mediziner geht davon aus, dass Long Covid ebenso wie die Coronavirus-Infektion bei Kindern milder verläuft als bei Erwachsenen. „Eine vollständige Genesung ist bei den meisten betroffenen Kindern sehr wahrscheinlich“, sagt er. Allerdings gibt es noch viele offene Fragen, die es zu klären gilt. (Gin)