Benzinpreisbremse, 49-Euro-Ticket, Wohngeld oder Flüchtlingsbetreuung: Vor dem Ländergipfel herrscht diesmal großer Druck, eine Einigung zu erzielen. Beide Seiten sind vorsichtig optimistisch.
Am Vormittag beraten sich die 16 Regierungschefs, am Nachmittag treffen sie sich mit Bundeskanzler Olaf Solz (SPD). Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über milliardenschwere Rettungspakete dürften nicht einfach werden. Denn es gibt einige Streitpunkte: die Strom- und Erdgaspreisbremse, die Wohngeldreform, das 49-Euro-Nahverkehrsticket und die Kostenbeteiligung für die Unterbringung von Flüchtlingen. Das Kanzleramt hat gestern eine Beschlussvorlage an die Länder versandt. Beim vorangegangenen Treffen Anfang Oktober hatten sich Bund und Länder ohne Einigung getrennt. Unmittelbar vor den heutigen Beratungen meldeten sich mehrere Regierungschefs mit ihren Forderungen, aber auch mit Kompromissanzeichen.
Wüst: „Die Krise braucht Klarheit“
„Die Welt erwartet von uns Ergebnisse“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wost im gemeinsamen Vormittagsprogramm von ARD und ZDF. „Die Krise braucht Klarheit und ich bin zuversichtlich, dass wir auch Ergebnisse bringen werden“, sagte der CDU-Politiker. Im Vergleich zur letzten Runde im Oktober sind sie nun gut vorbereitet.
Allerdings gebe es noch Streitpunkte, sagte Wüst, etwa bei den Subventionen für das Heizen mit Öl oder Pellets: „Die Bundesregierung erkennt jetzt zumindest, dass es ein Problem gibt und will schwierige Lösungen. Allerdings muss man wieder sehr genau hinsehen.“ wie viele Menschen davon betroffen sind und wann sie davon profitieren.“ Allein in seinem Bundesland Nordrhein-Westfalen verfügt ein Viertel der Einwohner über eine Ölheizung.
Dreyer: Bund und Länder müssen zusammenrücken
Auch die Regierungschefin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, schlug diplomatische Töne an: „Mit drei Hilfspaketen und einem 200-Milliarden-Euro-Sonderfonds zur Erdgaspreisbremse sowie mit den zusätzlichen Mitteln für die Unterbringung von Flüchtlingen Die Bundesregierung hat bereits wichtige Schritte unternommen, um die Belastungen durch Russland zu reduzieren”, sagte der SPD-Politiker dem Verlagsnetzwerk Deutschland (RND): “Hier ist es wichtig, dass Bund und Länder zusammenkommen.” Sie ist jedoch zuversichtlich, dass Bund und Länder einen tragfähigen Kompromiss zur Kostenteilung finden werden.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rein hingegen sieht die Ampelkoalition in Berlin in der Pflicht. „Die Bundesregierung muss sich am Mittwoch zu einer Einigung bewegen“, sagte der CDU-Politiker dem Deutschen Verlagsnetzwerk (RND).
FDP-Fraktionsabgeordneter Christoph Meyer erwartet „von den Ministerpräsidenten, dass die Länder endlich ihren Widerstand gegen ihren Anteil an der Finanzierung des dritten Hilfspakets aufgeben“. Die Bundesländer seien regulär und entziehen sich trotz hoher Steuereinnahmen ihrer Verantwortung – während Bürger und Unternehmen dringend entlastet werden müssten, sagte Meyer der Nachrichtenagentur dpa.
Bundesweites Bus- und Bahnticket kommt
Die Bürger dürften vor allem daran interessiert sein, ob sich Bund und Länder endlich auf ein bundesweites Nahverkehrsticket einigen können. Tatsächlich gibt es bereits eine Einigung, dass es ein 49-Euro-Ticket geben soll. Aber Bundesländer verlangen dauerhaft höhere Zuschüsse vom Bund. Wie aus dem Beschlussentwurf hervorgeht, will die Bundesregierung den Ländern nun ein neues Angebot unterbreiten.
Bundeskanzler Scholz jedenfalls zeigte sich zuversichtlich. Der SPD-Politiker sagte gestern bei einer öffentlichen Debatte im niedersächsischen Gifhorn, eine Einigung mit den Bundesländern über ein solches “Ticket nach Deutschland” sei beinahe erreicht worden. Heute sei der Tag, “an dem er endlich gelingen muss”.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert ein bundesweites Sozialticket für maximal 29 Euro im Monat. „Bundeskanzler und Ministerpräsident müssen sich dringend über die künftige Finanzierung des 49-Euro-Tickets verständigen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Finanzierungssicherheit bis 2030 ist wichtig: Der Ausbau des ÖPNV ist nur mit erheblichen Investitionen in neue Netze, Fahrzeuge und Personal möglich.
Kosten des Energiestreits
Kurz vor der Sitzung im Kanzleramt hat die Bundesregierung Pläne für eine Erdgaspreisbremse vorgestellt. Einerseits übernimmt der Staat den Dezemberrabatt mit einer Einmalzahlung. Zudem wird der Erdgaspreis für Privatkunden ab März, möglicherweise rückwirkend bis Februar, begrenzt. Für Länder ist der März-Termin zu spät – ob es ihnen reicht, dass der günstige Preis rückwirkend ab Februar gelten könnte, ist unklar.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat den Beginn der Gaspreisdeckelung zum 1. Januar gefordert. „Gerade bei der Begrenzung der Energiekosten brauchen die Bürgerinnen und Bürger dringend Verlässlichkeit“, sagte er der Rheinischen Post und dem Bonner „General-Anzeiger“. „Es ist unsere gemeinsame Pflicht, die Sorge um Energiearmut abzubauen“, sagte der Linken-Politiker.
Gleichzeitig forderte er die Bundesregierung auf, den Ölpreis zu regulieren. „Weder die Kraftstoffpreise noch die Heizölpreise haben etwas mit dem Weltrohölpreis zu tun. In dieser kriegsbedingten Sondersituation haben mehrere Unternehmen die Preise schamlos einfach angehoben“, sagte Ramelow gegenüber rbb24 Inforadio. “Wenn man sich die Quartalszahlen und die Jahresabschlüsse der großen Ölkonzerne anhört, dann tut einem nur leid, wie schamlos alles in die Tasche gesteckt wird.”
Streit um Wohngeld
Wie die von der Bundesregierung geplante große Wohngeldausweitung finanziert werden soll, bleibt fraglich. Bisher wird das Wohngeld zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert, aber die Länder wollen sich nicht mehr beteiligen.
Der Deutsche Städtetag forderte Bund und Länder auf, “nachhaltige Lösungen zu finden, die die Kommunen nicht belasten, sondern entlasten”. „Es geht auch darum, die Leistungsfähigkeit der Städte gerade in Krisenzeiten zu erhalten und zu steigern“, sagte der Vorsitzende Markus Lewe dem RND. Er forderte erneut mehr Geld für die Flüchtlingsaufnahme und den Nahverkehr sowie ein Rettungspaket für in Not geratene öffentliche Dienste.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte den Zeitungen der Funke Gruppe: Es brauche eine verbindliche Zusage, dass Bund und Länder den Kommunen „die Kosten für Unterkunft, Versorgung, zusätzliche Kita- und Schulplätze und die Kosten für Unterbringung, Versorgung, zusätzliche Kita- und Schulplätze“ erstatten die Projektintegration vollständig dauerhaft finanziert”. …