Tausende Beschäftigte in den großen Häfen Norddeutschlands sind dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di gefolgt und am Donnerstagnachmittag in den Streik getreten. Betroffen waren die Häfen Hamburg, Emden, Bremen, Bremerhaven und Wilhelmshaven. In Hamburg legten Hafenbeamte die Abfertigung von Containerschiffen lahm. An den Streiks an nur drei HHLA-Logistikterminals beteiligten sich nach Angaben von ver.di fast 1.000 Beschäftigte. Beim umkämpften Eurogate zählte der Verband rund 400 Teilnehmer. „Alles bestens“, sagte er dort mit Blick auf die Abfertigung von Containerschiffen.
Dutzende Schiffe warten in der deutschen Bucht
Der Warnstreik dürfte die ohnehin schon enormen Verzögerungen am Wasser noch verstärken. Dutzende Schiffe warten derzeit in der deutschen Bucht auf ihre Abfertigung, da der Containertransport durch die Corona-Pandemie an Tempo verloren hat. Allein für die drei HHLA-Terminals liegen zehn Schiffe vor Helgoland vor Anker, sagte ein HHLA-Sprecher. Video 2 Minuten Ver.di fordert einen Inflationsausgleich und eine Erhöhung der Stundenlöhne. Journalist Simon Ritter berichtet aus Hamburg. 2 Minuten
1.000 Hafenarbeiter in Bremerhaven streiken
Auch in Bremen und Niedersachsen wurde der Umschlag von Containern und Ladungsträgern lahmgelegt. Der zweitgrößte deutsche Hafen, Bremerhaven, hatte nach Angaben der Gewerkschaft etwa 1.000 Beschäftigte. Während der Spätschicht wurden keine anderen Containerschiffe am Flussufer be- oder entladen. „Die Brücken stehen alle still“, sagte ein Sprecher von ver.di. Auch die Beladung von Autos war betroffen.
Ver.di fordert „echten Inflationsausgleich“
Angesichts einer Gesamtinflationsrate von knapp acht Prozent fordert Ver.di unter anderem einen nicht näher bezeichneten „realen Inflationsausgleich“ und eine Stundenlohnerhöhung von 1,20 Euro für die rund 12.000 Beschäftigten in 58 Tarifbetrieben Niedriger . Sachsen, Bremen und Hamburg. „Das bisherige Angebot der Arbeitgeber ist völlig unzureichend“, so die Gewerkschaft. Während der Corona-Pandemie arbeiteten die Hafenarbeiter ständig an ihrer Kapazitätsgrenze, manchmal darüber hinaus. AUDIO: Türöffnerwarnung (1 Minute)
Arbeitgeber: Geplante Entlastungen sind ausreichend
Die Arbeitgeberseite bot bisher zwei Erhöhungen in diesem und im nächsten Jahr um 3,2 und 2,8 Prozent sowie Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 600 Euro an. Der Zentralverband der Deutschen Seehäfen (ZDS) hat bestätigt, dass das Angebot in Verbindung mit zahlreichen von der Bundesregierung beschlossenen Kürzungen die Inflation ausgleichen würde.
Gestörte Lieferketten: „Warnstreiks sind unverantwortlich“
„Wir fordern den ver.di-Bundestarifausschuss auf, von Streiks abzusehen und auf Basis unseres guten ersten Angebots zu verhandeln“, sagte ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel. “Der Aufruf zum Warnstreik ist jetzt völlig unverantwortlich.” Aufgrund der weltweit unterbrochenen Lieferketten befindet man sich sowieso mitten in einer absoluten Ausnahmesituation. „Von der einen Seite kommt uns eine große Welle verspäteter Schiffe entgegen, auf der anderen Seite gibt es große Engpässe im Schienengüterverkehr.“
Nächste Gesprächsrunde am Freitag
In zwei Verhandlungsrunden sind sich Gewerkschaft und Arbeitgeber bisher nicht näher gekommen, die nächste Runde soll am Freitag in Hamburg stattfinden. Dann wollen die Hafenarbeiter erneut protestieren – rund um den Barmbeker Bahnhof. Weitere Informationen Die Schiffe in der deutschen Bucht warten in Hamburg darauf, gelöscht zu werden. Ein Streik kann die Situation verschlimmern. (03.06.2022) mehr Sie protestierten gegen drohenden Stellenabbau. Hintergrund ist unter anderem die geplante Fusion von Hafenunternehmen. (11.12.2021) mehr Für Landstromanlagen und den Ausbau des Schienennetzes fordern die Häfen mehr Geld vom künftigen Bund. (17.11.2021) mehr Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 | NDR 90.3 Aktuell 09.06.2022 | 17:00