Tödlicher Absturz – Klimaaktivisten zu Unrecht zerstört?
Stand: 13:43 Uhr| Lesezeit: 4 Minuten
Toter Radler – Haftungsdebatte geht weiter
Bei dem schweren Unfall mit einem Betonmischer in Berlin ist kein Radfahrer entkommen. Die Enttäuschung ist groß. Gleichzeitig wächst der Druck auf selbsternannte Klimaaktivisten.
Der Ärztliche Leiter der Berliner Feuerwehr schreibt, die Verspätung eines Spezialfahrzeugs infolge einer Straßensperre habe „keinen Nachteil“ für die Behandlung des Unfallopfers gehabt. Die “neueste Generation” erfordert einen “Fix”. Die Innenverwaltung warnt vor voreiligen Schlüssen.
Die Klimaaktivisten der Gruppe „Last Generation“ stehen vor einem schweren Vorwurf: Sind sie mitverantwortlich für den Tod eines ihrer Kumpels?
Klar ist: Nach einem schweren Unfall eines Radfahrers, der am Montag im Berliner Stadtteil Wilmersdorf von einem Betonmischer erfasst wurde, ist ein Spezialfahrzeug der Berliner Feuerwehr, das bei der Bergung helfen sollte, im Stau stecken geblieben . auf dem Weg zur Bühne. Nicht nur wegen des morgendlichen Berufsverkehrs – sondern vor allem wegen der Straßensperre der „letzten Generation“.
Ein Sprecher der Berliner Feuerwehr sagte nach dem Einsatz: „Die Bergung hat sich dadurch verzögert.“ Die Frau erlag am Donnerstagnachmittag ihren schweren Verletzungen.
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Beruflicher Ungehorsam
Seitdem tobt die Debatte darüber, ob “Last Generation”-Aktivisten am Tod des Radfahrers mitschuldig sein könnten. Nicht ohne Grund. Denn das sogenannte Rettungsfahrzeug der Feuerwehr wurde gerufen, um den Lkw anzuheben und die unter dem Lkw eingeklemmte Frau zu befreien. Aufgrund der Blockade durch Klimaaktivisten kam es jedoch erst verspätet dorthin.
Doch nun ist eine E-Mail des ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes der Berliner Feuerwehr bekannt geworden. Aus Sicht von Klimaaktivisten ist der am Dienstag verschickte Brief an die Feuerwehr entlastend. Der Arzt kommt zu einer klaren Einschätzung: Das verspätete Eintreffen des Rettungswagens sei unerheblich. E-Mail gibt es bei WELT. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet.
Der Radfahrer sei „erst zugänglich“ gewesen, als das medizinische Personal eintraf, hieß es in der E-Mail. Notarzt und Brandkommandant stellten nach Lagebeurteilung fest, „dass aufgrund des sehr schweren und zeitkritischen Verletzungsbildes eine sofortige Bergung durch Wegschieben oder Wegziehen des Lkw erforderlich ist“.
Heben durch Rettungsfahrzeuge „nur kurz erwogen“
Das Anheben des Lastwagens mit dem Rettungsfahrzeug der Feuerwehr sei hingegen “kurz überlegt”. Dies würde nach Einschätzung der vor Ort eingesetzten Kräfte zu lange dauern. Laut Mitteilung befürchtete der Notarzt auch, dass ein „langsames Anheben“ des Lastwagens die Blutung im Bein der Frau verstärkt haben könnte. Der Notarzt, so der Ärztliche Direktor in dem Schreiben, habe entschieden, den Lkw nicht anzuheben, sondern wegfahren zu lassen. Diese Entscheidung hätte er laut Mitteilung auch dann getroffen, wenn andere technische Möglichkeiten „über Rettungsfahrzeuge oder Kräne“ zur Verfügung gestanden hätten. Auch dieses Vorgehen sei richtig gewesen, schreibt der Ärztliche Direktor in seiner Einschätzung. Zusammenfassend heißt es in dem Vermerk: „Das verspätete Eintreffen des Rettungsfahrzeugs hat aufgrund der aktuellen Situation keine Nachteile verursacht (…)“. Lesen Sie auch Ist der Vorwurf, die „letzte Generation“ könnte möglicherweise am Tod des Radfahrers beteiligt gewesen sein, unbegründet? So steht es zumindest in der E-Mail des ärztlichen Leiters der Feuerwehr. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Feuerwehrleitung die Auswertung tagelang geheim hielt. Der Innenverwaltung des Berliner Senats, in deren Zuständigkeitsbereich die Feuerwehr arbeitet, war die Mail nach Angaben ihres Sprechers Thilo Cablitz nicht bekannt. In Feuerwehrkreisen wurde damit begründet, dass es sich bei dem Schreiben nicht um eine abschließende offizielle Stellungnahme handele, sondern lediglich um die individuelle Meinung des Ärztlichen Direktors. Der Betriebsleiter am Unfalltag oder der technische Leiter könnten zu einem anderen Schluss kommen. Die Aussage, dass das Rettungsfahrzeug für die – letztlich erfolglose – Bergung des Radfahrers ohnehin unerheblich gewesen sei, sei daher nicht entscheidend.
Meinung soll Aufklärung bringen
Auch die Innenverwaltung warnte vor “Spekulationen”. „Die endgültige Feststellung aller Tatsachen auf der Grundlage des in Auftrag gegebenen Berichts und anderer objektiver Beweise liegt in der Verantwortung der Justiz“, sagte der Abgeordnete Camblitz. Ob der Tod der Frau hätte verhindert werden können, muss nun ein Gutachten klären. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft konzentrieren sich auf zwei Männer der „letzten Generation“, die den Stau durch die Sperrung verursacht haben. Die „letzte Generation“ forderte derweil eine „Korrektur“ – und ein „Gespräch mit der Bundesregierung“ unter Berufung auf den E-Mail-Bericht des Ärztlichen Direktors. Auf die Versorgung des Unfallopfers habe der Klimaprotest „keine Auswirkung“ gehabt. Die Gruppe kündigte auch an, weiterhin „auf der Straße Widerstand zu leisten“. Lesen Sie auch